„Klimaschutz weltweit wieder auf der Tagesordnung“

Beim Klima-Sondergipfel, zu dem der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), Ban Ki-moon, diese Woche nach New York geladen hat, gab es kaum konkrete Zusagen oder Geld. Dennoch habe sich etwas verändert, meint Christoph Bals von Germanwatch. Ein neues Klimaabkommen hält er für sehr wahrscheinlich.

Das Treffen war als Aufbruch gedacht. Ban Ki-moon hatte diesen Dienstag im Vorfeld der UN-Vollversammlung zum Klima-Sondergipfel geladen. „Wir sind hier, um Geschichte zu schreiben”, rief er den mehr als 120 anwesenden Staats- und Regierungschefs und 800 Vertretern aus Verbänden und der Wirtschaft zu. Alle Regierungen sollten „ernsthafte Zusagen“ machen, den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu mindern. Denn sonst würden die „menschlichen, ökonomischen und ökologischen Kosten des Klimawandels bald untragbar” sein. In New York sollten schon mal Positionen abgesteckt werden – vierzehn Monate vor dem entscheidenden Treffen nächstes Jahr in Paris. Denn dort soll ein neues Klimaschutzabkommen verabschiedet werden. Sind die Erfolgsaussichten nun besser geworden?

CO2-Emissionen steigen allein dieses Jahr um 2,5 Prozent

Bisher tut sich wenig in der globalen Klimapolitik. Jahr für Jahr steigen die Emissionen, weil die Menschheit Kohle und Äl verbrennt. Dieses Jahr werden es wieder 2,5 Prozent mehr sein, das zeigen die vor wenigen Tagen veröffentlichten Daten des Global Carbon Project, einer internationalen Gruppe von Wissenschaftlern.

Die Folgen werden in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts „richtig weh tun“, schrieb der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung diese Woche. Schon heute seien „häufigere Wetterextreme, abschmelzende Gletscher und der unaufhaltsame Anstieg des Meeresspiegels unübersehbare Menetekel“.

In New York bekam nun jedes Land vier Minuten, um seinen Beitrag zum Klimaschutz zu erklären. An wortreichen Appellen fehlte es nicht. US-Präsident Barack Obama sagte: „Wir sind die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels spürt.“ Und: „Wir sind die letzte, die etwas dagegen tun kann.“ Die Klimaziele seines Landes wolle er Anfang nächsten Jahres präsentieren. Die USA sind weltweit der zweitgrößte CO2-Emittent, an Platz eins steht China. Dessen Vizeministerpräsident Zhang Gaoli erklärte: „China ist bereit, mit anderen Staaten zusammen Verantwortung zu schultern und eine bessere Zukunft für die Menschheit zu bauen“.

Und der Chef der EU-Kommission Jos© Manuel Barroso kündigte für Europa an, die Treibhausgasemissionen sollten bis 2030 um 40 Prozent sinken, der Energieaufwand gleichzeitig um 30 Prozent. Noch haben sich die EU-Staaten darauf allerdings nicht verständigt, osteuropäische Kohleländer wollen nicht mitziehen. Feste Zusagen sind das von Barroso also nicht.
Deutschland muss sich noch steigern

Deutschland hat sich zwar schon ein genaues Klimaziel: ein Minus von 40 Prozent bei den klimaschädlichen Emission schon bis 2020 gesetzt. Doch, ob dies erreicht wird? Es sei „eine große Herausforderung, für die wir unsere Anstrengungen noch steigern müssen“, sagte SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Maßnahmenpaket.

Hendricks vertrat in New York Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte den Gipfel schon im Frühjahr aus „terminlichen Gründen“ abgesagt, sie hielt am Dienstag einen Vortrag beim Jahrestreffen der deutschen Industrie. Dafür kamen auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) mit nach New York.

Hendricks versprach jedenfalls die Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland durch die Förderbank KfW massiv einzuschränken. Sie unterzeichnete die „New Yorker Walderklärung“. Darin setzen sich eine Reihe von Staaten, Nichtregierungsorganisationen, indigenen Völkern und Konzernen zum Ziel, die Zerstörung der Regenwälder bis 2030 zu stoppen, bis 2020 zu halbieren.

Fest zu sagte die deutsche Ministerin, die Bundesregierung werde eine Milliarde Dollar, also rund 750 Millionen Euro, in den UN-Klimafonds zur Finanzierung von Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern einzahlen. Das hatte vor einigen Wochen schon die Kanzlerin angekündigt. Gemeinsam mit Frankreich und vier weiteren Ländern hat die Bundesrepublik 2,3 Milliarden Dollar zugesagt. Das Ziel ist damit allerdings noch längst nicht erreicht: Bis Ende des Jahres sollen eigentlich zehn Milliarden Dollar zusammen kommen. Am Ende versuchte es Hendricks in New York mit einem Appell: „Lassen Sie uns die Ärmel hochkrempeln“.
Hunderttausende demonstrieren

Die To-Do-Liste für den Klimaschutz ist allerdings lang. Ban Ki-moon hat versucht, die Staatenlenker in die Verantwortung zu nehmen. Mit mehr oder weniger Erfolg. Martin Kaiser beobachtet für die Umweltschutzorganisation Greenpeace seit Jahren die internationale Klimapolitik. Er urteilt: „Was die Zivilgesellschaft hier angestoßen hat, ist beeindruckend. Dafür kamen von der Politik nur viele Worte, ohne wirklich Neues.“ Kaiser  meint die größte Demonstration, die es seit dem Kampf gegen die Erderwärmung gegeben hat. Am Sonntag vor dem Gipfel waren rund 400.000 Menschen weltweit für mehr Klimaschutz auf die Straße gegangen.

Erst vergangene Woche hatte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen das Sondergutachten Klimaschutz als Weltbürgerbewegung veröffentlicht – und eine „horizontale Verantwortungsarchitektur“ gefordert. Damit solle „Zukunftsverantwortung nicht `nach obenà´delegiert, sondern von der Gesellschaft in der Breite eigenverantwortlich wahrgenommen“ werden.

Nun bleibt abzuwarten, ob eine neue Klimabewegung entsteht, unter deren Druck Politiker sich leichter tun, etwa die Auto- und Kohleindustrie zu rigoroserem Energiesparen zu bewegen. Christoph Bals, der Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, sieht es so: „Der Gipfel von New York hat den Klimaschutz weltweit wieder auf die Tagesordnung gesetzt.“ Dass in Paris nächstes Jahr ein neues Klimaabkommen unterzeichnet wird, sei „nun sehr wahrscheinlich”.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert die Bundesregierung zu mehr Konsequenz bei der Energiewende auf. Wichtige für das Weltklima sei der Ausstieg aus Braunkohle, Steinkohle, Äl und Gas und der Umstieg auf regenerative Energien. „Deutschland ist beim Umstieg auf erneuerbare Energien Vorreiter, jetzt müssen wir Vorreiter beim Ausstieg aus fossilen Energiequellen werden“, forderte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND und Mitglied des Rats für Nachhaltige Entwicklung.

Weiterführende Informationen

UN-Seite zum Klimagipfel in New York

Aktuelle Daten des Global Carbon Projects zum CO2-Ausstoß

Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums

Kommentar des BUND

Sondergutachten Klimaschutz als Weltbürgerbewegung des Wissenschaftliches Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen [PDF, 4,5 MB]