Städte machen Klimaschutz

Die einen entwickeln Klimaprojekte in Schulen, die anderen bauen einen energieautarken Betriebshof – es ist „beeindruckend, was in den Kommunen alles passiert“, sagt der Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik, zur Nedden. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) glaubt, das lokale Engagement gebe „Rückenwind“ für die Weltklimakonferenz. Die besten Projekte wurden jetzt ausgezeichnet.

In den niedersächsischen Landkreisen Northeim, Osterode und Göttingen kämpfen die Gemeinden darum, die besten Klimaschützer zu sein. Seit Herbst 2014 geht es um die meisten Dächer für Solarenergie, zwei Jahre zuvor war entscheidend, möglichst viele Haushalte zum Stromsparen anzuregen. Nun ist dieses Projekt als „vorbildliches Projekt zum CO2-Sparen“ ausgezeichnet worden.
Es gehört zu den neun Preisträgern im Wettbewerb „Kommunaler Klimaschutz 2015“, den das Bundesumweltministerium und das Deutsche Institut für Urbanistik, Difu, ausgelobt haben. Knapp 120 Initiativen hatten sich in drei Kategorien beworben.

Praktischer Klimaschutz ist vielfältig

Es sei „beeindruckend, was alles passiert“, sagt Professor Martin zur Nedden, Chef des Difu. Bürgermeister hätten erkannt, dass „ihr Engagement für das Klima sehr viel bringen kann“. Es würden „Emissionen gemindert, der Flächenverbrauch gedrosselt oder der Verkehr umweltfreundlicher gestaltet.“
So gehört zu den Gewinnern auch ein energieautarker Baubetriebshof mit Hackschnitzelheizung und Photovoltaikanlage im nordrhein-westfälischen Beckum, der mehrere ehemalige Standorte ersetzt hat.
Oder der Klimaladen, den der bayerische Landkreis Traunstein zusammen mit dem Landkreis Berchtesgadener Land und dem Salzburger Seenland als Schulprojekt entwickelt hat: In dieser Wanderausstellung kaufen Schüler ein und rechnen anschließend nach, für wie viele Treibhausgase die Produkte stehen.  Ein weiteres Beispiel: Das Projekt „FlurfunkE“, mit dem die Stadt Mannheim ihre Mitarbeiter für Klimaschutz im Büro und im Alltag sensibilisieren will, etwa durch Energiechecks im Büro oder Klima-Kochkurse.
Geehrt wurden die Gewinner – sie erhalten jeweils 25.000 Euro – vergangene Woche auf der Internationalen Kommunalen Klimakonferenz, kurz ICCA2015, in Hannover. Dort haben sich zwei Tage lang hunderte Politiker, Wissenschaftler und Vertreter von Kommunen aus verschiedenen Ländern der Welt getroffen, um die besten kommunalen Projekte gegen die Erderwärmung bekannter zu machen. Am Ende verabschiedeten sie die Hannover-Deklaration.

Rückenwind für Paris kommt aus Hannover

Darin heißt es, dass immer mehr Gemeinden eine „echte Führungsrolle“ im Klimaschutz übernehmen und der nationalen oder internationalen Politik voraus sind. Politische Strategien müssten aber „Anreize“ und einen „langfristigen und vorhersehbarer Finanzrahmen“ setzen.
„Die Konferenz in Hannover hat gezeigt, dass Kommunen und lokale Akteure bereitstehen, beim Klimaschutz anzupacken“, sagte SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Das sei auch „ein Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk“. Das lokale Engagement gebe der Politik „Rückenwind für ein gutes Ergebnis in Paris." Dort soll Ende des Jahres ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden.
Ihr Ressort, erklärte Hendricks, fördere denn auch Kommunen, die Klimamanager einstellten, die Straßenbeleuchtung auf umweltfreundlichere LED-Lampen umstellten oder etwa Radwege bauten.
Tatsächlich sind seit 2008 gut 8.000 Projekte in rund 3000 Gemeinden mit insgesamt 350 Millionen Euro aus der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundes unterstützt worden. Darunter auch die sogenannten Masterplankommunen, die sich vorgenommen haben, bis Mitte des Jahrhunderts praktisch klimaneutral zu sein. 19 sind es derzeit bundesweit. Doch sei „an vielen Stellen“, so Hendricks in Hannover, noch mehr möglich.
Seit diesem Oktober gelten deshalb neue Förderrichtlinien. Die Förderquoten für Investitionen in Klimaschutzprojekte finanzschwacher Kommunen sind zum Beispiel erhöht worden. Der Wandel, meinte Hendricks, „muss dort beginnen, wo Menschen leben und arbeiten.“
Auch die rund 30 am Dialog des Nachhaltigkeitsrates „Nachhaltige Stadt“ beteiligten Oberbürgermeister haben sich die Klimaneutralität ihrer Städte als Ziel gesetzt. In ihren vor kurzem verabschiedeten strategischen Eckpunkten für eine nachhaltige Entwicklung in Kommunen (LINK) heißt es: „Wir wissen, dass wir den Energieverbrauch und die Emissionen von Treibhausgasemissionen bis 2050 deutlich reduzieren müssen. Deshalb arbeiten wir in Strategien und Programmen auf eine größtmögliche Reduktion von CO2-Emissionen mit dem Fernziel der CO2-Neutralität hin."

Weiterführende Informationen

Wettbewerb „Kommunaler Klimaschutz“
Hannover-Deklaration kommunaler Klimaschutz
Nationale Klimaschutzinitiative