Auf dem Weg zur klimaneutralen Veranstaltung

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat die bei seiner Jahreskonferenz Anfang Juni entstandenen CO2-Emissionen mit einer Spende an ein Klimaschutzprojekt kompensiert. Ein Zwischenschritt. Sein Ziel ist, Kompensationen auf mittlere Sicht überflüssig zu machen – indem man eine Veranstaltung von Beginn an klimaschonend plant.

Eigentlich sollte es in Zeiten, in denen sich das Klima bedrohlich aufheizt, gang und gäbe sein: Eine Tagung, ein Kongress, eine Veranstaltung wird so organisiert, dass nicht nur die Gäste zufrieden sind, sondern auch die CO2-Bilanz stimmt, also so wenig Treibhausgase wie möglich anfallen. Aber was heißt das genau?

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat seine 18. Jahreskonferenz – sie fand Anfang Juni unter dem Motto „Thesen und Taten. Transformation!“ in Berlin statt – mit Blick auf die CO2-Menge evaluiert. So lässt sich der Weg hin zur klimaneutralen Veranstaltung beispielhaft nachzeichnen. Und die beginnt bereits mit der Planung.

Checklisten für CO2-Minderung

Werden die Namenschilder recycelt, ist das Catering regional, saisonal und vegetarisch, wird dafür Mehrweggeschirr verwendet? Einige Punkte, auf die zu achten ist, fallen jedem auf Anhieb ein. Doch gibt es hilfreiche Werkzeuge, um nicht lange grübeln zu müssen, sondern die Sache systematischer anzugehen – die Checkliste green-score-card zum Beispiel, die für rund 1000 Euro genutzt werden kann. Wer sie schon am Anfang der Organisation eines Events durchgeht, erkennt schnell, wo die entscheidenden Hebel für mehr Nachhaltigkeit sind: Aufgelistet sind 13 „Handlungsfelder“ mit mehr als 200 Vorschlägen für lohnende Maßnahmen.

So liest man beim Handlungsfeld Mobilität Tipps wie: einen Veranstaltungsort mit guter Anbindung an den ÖPNV auszuwählen und auf Fahrpläne des ÖPNV in der Einladung oder dem Internet hinzuweisen oder einen Shuttle-Service etwa mit Velotaxen anzubieten. Die Maßnahmen sind immer sehr konkret beschrieben. Beim Punkt „Veranstaltungstechnik“ geht es etwa um den Einsatz sparsamer LED-Technik und bei „Übernachtungen“ um eine gute Anbindung an einen Fernbahnhof.

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat sich bei seiner Jahreskonferenz im Berliner Tempodrom, zu der knapp 1.400 Gäste kamen, an der Green Score Card orientiert, aber auch an einer eigenen Checkliste  sowie an einem Leitfaden des Umweltbundesamtes.

Das Ergebnis ist eine detaillierte Bewertung zur Nachhaltigkeit der Veranstaltung, in diesem Fall 101 von 144 Punkten. Ein Zeichen dafür, dass auch der RNE besser werden kann.

Mobilität macht besonderes CO2-Problem

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat nach der Veranstaltung ermittelt, welcher CO2-Ausstoß für die Jahreskonferenz trotz aller Minderungsmaßnahmen noch zu verbuchen ist, und zwar über den Emissionsrechner der Münchener Firma Climate Partner. Ergebnis: 99,5 Tonnen CO2-Emissionen. Das Gros mit 77,3 Tonnen ging dabei auf Transporte von Stühlen, Utensilien, also die Mobilität für die Veranstaltung selbst zurück. Dahinter folgte der Aufwand fürs Catering.

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat dafür einen Ausgleich an Climate Partner bezahlt, so dass an anderer Stelle die Menge an CO2 eingespart wird. In diesem Fall wird das Geld in das 41-Megawatt-Wasserkraftwerk im indonesischen Renun investiert, es soll klimafreundlich Strom liefern, ohne – wie so manch anderes Megaprojekt – der Natur zu schaden. Das südostasiatische Land setzt bislang vor allem auf fossile Brennstoffe.

Anbieter für CO2-Kompensation gibt es verschiedene. Die Experten der Stiftung Warentest haben zum Beispiel sechs von ihnen erst vor kurzem für die Finanztest 03/2018 unter die Lupe genommen. Climate Partner war nicht dabei, da das Unternehmen sich allein nur an Unternehmen und nicht an Privatpersonen und Verbraucher und Verbraucherinnen richtet. Atmosfair, Klima-Kollekte und Primaklima schnitten in letzterem Segment am besten ab.

Dax-30-Unternehmen werden klimaneutral

Stefanie Böther ist beim Umweltbundesamt Expertin für freiwillige CO2-Kompensation. Sie beobachtet mit ihren Kollegen und Kolleginnen den Markt in Deutschland schon lange und sagt: „Derzeit kompensieren vor allem deutsche Firmen ihre CO2-Emissionen, dazu gehören Dax-30-Unternehmen, aber auch die kleineren und mittleren Unternehmen, die KMU.“

Die Deutsche Post bietet mit GoGreen zum Beispiel einen klimaneutralen Versand. Der Münchener Versicherungskonzern Allianz bemüht sich, insgesamt seinen CO2-Fußabdruck zu verringern. Aber auch in der öffentlichen Verwaltung von Bund und Ländern spiele diese eine „immer stärkere“ Rolle, so Böther.

Das Umweltbundesamt berechnet und organisiert bereits seit einigen Jahren die Kompensation für Dienstreisen von Mitarbeitenden der Bundesregierung und der Bundesverwaltung. Dazu hat sich die Bundesregierung mit dem Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit (Punkt 8 c) verpflichtet. Allein im Jahr 2016 ging es um eine Treibhausgasmenge entsprechend
235.240 Tonnen CO2.  Böther und ihre Kollegen listen auch Anbieter für die Klimakompensation auf. Die Expertin rät bei der Auswahl auf die „Qualität des Klimaschutzprojektes“ zu achten: „Es sollte nicht nur CO2 einsparen, sondern auch zur nachhaltigen Entwicklung vor Ort beitragen.“

Böther entwickelt derzeit auch einen Ratgeber des Umweltbundesamtes, der noch vor Herbst erscheinen soll. Vor allem betont sie aber einen Grundsatz: „CO2 zu sparen ist immer besser als es zu kompensieren.“