Klimagipfel: Wie geht es weiter nach Paris?

In Paris hat sich die Weltgemeinschaft auf ein ambitioniertes Klimaabkommen geeinigt. Die Erderwärmung soll auf 2 Grad oder weniger im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden. Mehr als 30 Konzerne haben zusammen mit Germanwatch, B.A.U.M. und der Stiftung 2° bereits versprochen, die so beschlossene Trendwende voranzubringen.
Aber was folgt aus dem Abkommen genau: Steigt die Welt aus der Kohle aus? Fördert sie Busse und Bahnen? Protokolle von Gesprächen über den Pariser Gipfel mit Mitgliedern des Rates für Nachhaltige Entwicklung, die vor Ort waren.

Jennifer Morgan, Globale Direktorin Klimaschutz, World Resources Institute, Washington DC.

Paris ist ein Wendepunkt. Die Welt wird sich verändern, und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft, in der Energiewirtschaft, im Verkehr, auf dem Acker. Das Ziel heißt: Die Welt macht möglichst zügig Schluss mit fossilen Energien. Der Vertrag ist verbindlich und vor allem: ambitioniert. Es gibt noch viel mehr zu tun, aber das Pariser Abkommen soll dafür sorgen, dass Aktionen beschleunigt und verstärkt werden.

Die Erde hat sich im Vergleich zur vorindustriellen Zeit schon um 1 Grad erwärmt. Da ist das 1,5 Grad-Ziel anspruchsvoll. Für die ärmeren Länder ist es aber existenziell. Für sie war auch wichtig, dass alle Staaten die Bedeutung von Verlusten und Schäden (loss and damages) anerkennen, die durch den Klimawandel entstanden sind und noch entstehen werden.
Betroffene Länder sollen etwa bei der Umstellung der Energieversorgung und der Absicherung gegen den Klimawandel unterstützt werden. Die Industriestaaten haben zugesagt, dafür ab 2020 pro Jahr 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. Damit ist ein großes Solidaritätspaket geschnürt. Ohne dieses wäre das Abkommen sicherlich gescheitert.
"Am Ende konnten es sich selbst
Erdölländer wie Saudi-Arabien
nicht mehr leisten zu blockieren."

Aber diesmal wollte es niemand scheitern lassen. Vor allem nicht die neue „High Ambition Coalition“. Diese Koalition der Ehrgeizigen, die Tony de Brum, der Außenminister der Marshallinseln initiiert hat, war riesig: Rund hundert Mitglieder, darunter die EU und die USA. Später kam auch noch Brasilien hinzu. Der Druck von der Zivilgesellschaft war dabei enorm wichtig.
Am Ende konnten es sich selbst Erdölländer wie Saudi-Arabien nicht mehr leisten zu blockieren, sie hätten sich zu sehr ins Abseits gestellt. Sie werden ihre Wirtschaft neu denken müssen. Ihnen bleibt nicht sehr viel Zeit, ein anderes Business-Modell zu entwickeln.
"Die französische
Verhandlungsleitung hat
den Friedensnobelpreis verdient."

Das ist jetzt die Gelegenheit für den menschlichen Erfindergeist. Es wird auch um neue Technologien gehen. Das Signal ist klar: Die Länder haben sich darauf geeinigt, dass es „eine Balance“ geben soll zwischen menschlich verursachten Treibhausgasen und Senken wie Wäldern. Jedes Land muss seine Ambitionen alle fünf Jahre verstärken, bis dieses Ziel erreicht ist.
Die Welt ist deswegen jetzt anders. Investoren haben bereits klar gemacht, dass sie die fossile Wirtschaft nicht mehr fördern wollen. Auch die Atomkraft wird keine Renaissance erleben. Die Risiken sind zu groß und es gibt die Alternative: Erneuerbare Energien, die zunehmend günstiger werden. Dafür ist es jetzt Zeit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gründeten sich die Vereinten Nationen, weil alle erkannten, dass es nicht weitergehen könne wie bisher. Die Gesellschaft erlebt manchmal Kipppunkte. Paris war einer. Er hat gezeigt: Der Multilateralismus funktioniert, wenn alle an das Anspruchsvolle glauben. Die französische Verhandlungsleitung hat den Friedensnobelpreis verdient.