Geld und Geschlecht

Warum Münster die kommunalen Finanzen auf Genderfragen hin untersucht. FINANZfairTEILUNG ist eines von 17 Projekten aus Nordrhein-Westfalen in der 16x17-Publikationsreihe der Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien.

„Beim ersten Versuch war Münster zu früh dran“, sagt Julia von Hayn. „Inzwischen sind wir aber auf einem guten Weg.“ Bereits im Jahr 2007 hatte der Rat der Stadt beschlossen, den Finanzhaushalt auf geschlechterbezogene Fragen hin zu untersuchen und so systematisch ins „Gender Budgeting“ einzusteigen. Dabei gilt es herauszufinden, ob die kommunalen Ausgaben den Geschlechtern zu ausgewogenen Teilen zugutekommen.

Doch der erste Anlauf versandete. Die damalige Gleichstellungsbeauftragte Martina Arndts-Haupt gab das Thema nicht auf – fünf Jahre später startete die Kommune einen neuen Anlauf, dieses Mal ausgestattet mit Personal und Sachmitteln. Münster, aber auch München,
Freiburg oder Berlin gehören zu den Pionieren, wenn es darum geht, darauf zu achten, „ob das Budget einigermaßen fair verteilt wird“, so erklärt es die Juristin von Hayn, die in Münster im Amt für Gleichstellung für das Thema zuständig ist.

Was heute in Münster „FINANZfairTEILUNG“ heißt – der Begriff wurde bei einem Wettbewerb unter den Verwaltungsbeschäftigten gefunden – und erst einmal abstrakt klingt, hat die Stadt in Pilotprojekten konkretisiert. Sie hat etwa in einem Leseclub für Fünftklässler*innen untersucht, wie sie die Bibliotheken nutzen. Das Ergebnis: Mädchen häufiger und länger. In einem anderen Vorhaben ging es darum, durch das Jobcenter vermittelte Praktika zu evaluieren: „Wir haben untersucht, wie sich die Lebensumstände von Männern und Frauen auf ihr Praktikum auswirken, und haben herausgefunden, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf keineswegs nur ein Frauenthema ist“, erzählt von Hayn.

„Nur, wenn wir wissen, wem welche Mittel zugute kommen, können wir für eine gerechte Verteilung sorgen.“

Einen wichtigen Schritt ist Münster 2019 gegangen: Damals gelang es durchzusetzen, in den Haushaltsschwerpunkten Bauen und Wohnen, Mobilität und Infrastruktur sowie Integration und Bildung die kommunalen Leistungen mit gendersensiblen Zielen und Kennzahlen zu versehen – zum Beispiel Daten zu wohnungslosen Frauen und Männern oder der Anzahl von Vätern in Elternzeit. Dabei wurde auch ein „Gender Monitoring“ initiiert: Jährlich werden nun sowohl Daten etwa zu Bildungsabschlüssen, Arbeitslosenzahlen, Teilzeitbeschäftigung und Führungspositionen in der Stadtverwaltung oder zur Verteilung der Geschlechter in der Kommunalpolitik veröffentlicht. Denn das Kernelement von Gender Budgeting ist eine gute Datenbasis: „Nur, wenn wir wissen, wem welche Mittel tatsächlich zugutekommen“, sagt von Hayn, „können wir in Zukunft für eine gerechte Verteilung der kommunalen Finanzen sorgen.“

 
Foto: RENN-Leitstelle

Dieser Text ist in der Broschüre „Nordrhein-Westfalen macht einfach!“ erschienen und Teil der Publikationsreihe „17 Ziele – Einfach machen“ der Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien (RENN). Hier geht es zum vollständigen Booklet sowie zu den 16 Ausgaben der einzelnen Bundesländer.