Ein Pakt für die Zukunft

Für den Zukunftsgipfel im September 2024 haben sich die Vereinten Nationen einiges vorgenommen. Ein Zukunftspakt soll die Wogen zwischen den Mitgliedstaaten glätten und insbesondere der Agenda 2030 Rückenwind verleihen – nun wurde der erste Entwurf veröffentlicht und das Ringen beginnt.

Deutschland und Namibia haben derzeit die durchaus schwierige Aufgabe, für die Vereinten Nationen (UN) den Zukunftsgipfel („Summit of the Future“) im September 2024 vorzubereiten. Am 26. Januar 2024 haben Antje Leendertse, die deutsche Vertreterin, und Neville Melvin Gertze, der Vertreter Namibias, auch den ersten Entwurf für den sogenannten Zukunftspakt
(„Pact for the Future“), den die Staats- und Regierungschefs im September verabschieden sollen, veröffentlicht. Dieser Entwurf ist die Basis für alle nun folgenden Verhandlungen – die langwierig und mühsam werden dürften, denn für den endgültigen Pakt ist ein Konsensbeschluss der UN-Mitglieder erforderlich.

Grundsätzlich baut der Zukunftsgipfel auf dem SDG Summit im Herbst 2023 auf und ist damit Teil des seit 2021 laufenden „Our Common Agenda“-Prozesses der Vereinten Nationen (siehe dazu auch die RNE-Stellungnahme „Our Common Agenda – Momentum für einen inklusiven und vernetzten Multilateralismus für nachhaltige Entwicklung“). Ziel des Gipfels ist u.a., die internationale Zusammenarbeit zu stärken, die durch zahlreiche globale Konflikte und Ereignisse offenkundig geschwächt ist. Die Aufgabe wird nun sein, diese Schwächung zu überwinden, Vertrauen wiederherzustellen, aber auch den Multilateralismus wieder zu stärken und für künftige Herausforderungen zu wappnen.

Auf der Webseite der UN steht hierzu: “Die Einigkeit auf der Grundlage unserer gemeinsamen Prinzipien und gemeinsamen Ziele ist sowohl entscheidend als auch dringend. Der Zukunftsgipfel ist eine einmalige Gelegenheit, die Zusammenarbeit bei kritischen Herausforderungen zu verbessern und Lücken in der globalen Governance zu schließen, bestehende Verpflichtungen, einschließlich der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) und der Charta der Vereinten Nationen, zu bekräftigen und auf ein Ziel hinzuarbeiten: ein wiederbelebtes multilaterales System, das besser in der Lage ist, das Leben der Menschen positiv zu beeinflussen.”

Skepsis und guter Wille

Ein großes Vorhaben, dem einige Mitgliedstaaten durchaus skeptisch entgegenblicken dürften. Denn zum einen ist alles, das mit dem Zukunftspakt beschlossen wird, nur moralisch bindend. Zum anderen sind es sehr viele Hürden, die hier auf einmal genommen werden müssen, nicht zuletzt die Überwindung jener Gräben, die durch aktuelle Konflikte entstanden sind.

Was die Skepsis aber lindern dürfte ist unter anderem, dass der Entwurf bereits einen Follow-up-Prozess vorsieht. Was also im September verabschiedet wird, kann anschließend nicht einfach verpuffen, sondern soll bei der UN-Generalversammlung im Jahr 2026 in seiner Umsetzung überprüft werden. Insgesamt hat der Entwurf neben einem politischen Chapeau fünf Kapitel: 1. Nachhaltige Entwicklung und Entwicklungsfinanzierung, 2. Internationaler Frieden und Sicherheit, 3. Wissenschaft, Technologie und Innovation sowie digitale Zusammenarbeit, 4. Jugend und zukünftige Generationen und 5. Transformation von Global Governance.

Der Umbau globaler und regionaler Finanzinstitutionen

„Viele Punkte des Entwurfs sind bisher eher vage und unambitioniert, was Zielsetzung und Adressatenkreis betrifft. Es wird nun die Aufgabe der Staaten sein, das bis September zu ändern“, sagt RNE-Mitglied Heidemarie Wieczorek-Zeul. „Aus der Ratsperspektive sind drei Elemente besonders interessant: Erstens der Vorschlag, einen Review der sogenannten „debt architecture“, zu machen – bisher hatten internationale Finanzinstitutionen wie der IWF sich dagegen gesträubt, dass die UN derartige Fragen behandelt. Das lässt auf bessere Vorschläge zur Entschuldung von Ländern des Globalen Südens hoffen. Zweitens sollen auch die multilateralen Entwicklungsbanken zukünftig SDG-Reports abliefern, also über ihre Fortschritte zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele und der Agenda 2030 berichten. Und drittens steht nun der Vorschlag für einen UN-Nachhaltigkeitsrat zur Diskussion – das wäre ein starkes Zeichen.“ Dieser Rat, auch wenn er formell so nicht genannt wird, soll laut Entwurf alle zwei Jahre die G20-Staaten mit den Finanzinstitutionen zusammenbringen, um für die Agenda 2030 weiter auf Kurs zu kommen.

Laut Entwurf soll der Globale Süden in Sachen Finanzierung ein Mitspracherecht erhalten, wo bisher vor allem der Norden entschieden hat. Zudem kann so nun auch den regionalen Entwicklungsbanken in der globalen Finanzarchitektur eine stärkere Rolle zukommen. Ein Standpunkt, der auch den Empfehlungen des Rats für Nachhaltige Entwicklung entspricht (siehe auch die RNE-Stellungnahme Finanzierung der Transformation und nachhaltigen Entwicklung). “Angesichts seiner stark zunehmenden Verschuldung braucht der Globale Süden jetzt ein weltweites und ambitioniertes Sicherheitsnetz zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklung”, so Wieczorek-Zeul: „Eine Reform der globalen Finanzarchitektur wäre sicher im Sinne der Entwicklungsländer.“

Eine gemeinsame Plattform für Notfälle

Auch die von UN-Generalsekretär vorgeschlagene “Emergency-Platform” ist im Zukunftspakt angelegt worden. Demnach soll eine Plattform entwickelt werden, die bei Ereignissen, die mehrere Regionen betreffen – wie etwa die Corona-Pandemie – Notfallpläne bereitstellt, um den Mitgliedstaaten eine rasche, geordnete und abgestimmte Reaktion zu ermöglichen.

Und auch das Thema Krieg und Waffen nimmt einiges an Raum ein. “Wir verpflichten uns erneut zum Streben nach einer Welt ohne Atomwaffen”, heißt es im Entwurf. Konkreter wird es bei den autonomen Waffen: Im Entwurf ist die Absichtserklärung festgehalten, tödliche autonome Waffen rechtsverbindlich zu verbieten – einer der wenigen sehr konkreten Punkte im Entwurfspapier des Zukunftspakts. Auch für den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in militärischen Konflikten sollen laut Entwurf Regeln gefunden werden.

Wie geht es jetzt weiter? Bis zum 12. Februar finden noch Beratungen mit Akteuren der Zivilgesellschaft statt, danach wird das Papier kapitelweise unter Einbeziehung der staatlichen Akteure weiterentwickelt.

„Der Nachhaltigkeitsrat wird sich nun gegenüber den Ressorts der Bundesregierung für eine ambitionierte deutsche Position einsetzen. Außerdem werden wir versuchen, an einzelnen Punkten Konkretisierungen zu verankern“, sagt Wieczorek-Zeul über die zukünftige Arbeit des RNE – auch mit Blick auf den Summit of the Future im Herbst dieses Jahres.