3D-Drucker noch teuer, langsam, schlecht – aber mit Potenzial

3D-Drucker könnten die Produktions- und Konsumwelt revolutionieren. Doch ob die Technologie am Ende auch nachhaltig eingesetzt wird, Abfall vermeidet und Ressourcen schont sowie sozial verträglich bleibt, ist noch nicht ausreichend erforscht.
Die dreidimensionale Drucktechnologie weckt viele Hoffnungen auf eine nachhaltigere Produktionsweise der Industriegesellschaft. Noch steckt die faszinierende Technik in den Anfängen. Aber sie funktioniert. Es dauert nur eine Tausendstel Sekunde, bis der Kunde im ersten 3D-Shop Deutschlands rundum abgelichtet ist.
Die Belichtungszeit ist so kurz, dass selbst Sportler im Sprung exakt in ein dreidimensionales Bild umgewandelt werden können. Die Anlage hat der Geschäftsführer der Firma Botspot, Manfred Obermeier, selbst konzipiert und zusammengebaut.
„Das ist der größte Scanner in Europa“, sagt der Gründer eines 3D-Drucker-Stores im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Aus dem später am Computer noch korrigierten Bild entsteht im Nebenraum Schicht für Schicht ein genaues Abbild des Kunden. Aus einer Länge von 1,80 Meter wird ein Ebenbild von 18 Zentimetern Höhe, das man anschließend den Liebsten schenken oder sich auf den Schreibtisch stellen kann. Der Druckvorgang dauert aber noch viele Stunden.

Herzklappen selbstgedruckt

Doch die Statuetten sind eine Spielerei im Vergleich zu den Möglichkeiten der Technik. „Die Technologie wird ganze Fertigungslinien verändern“, ist sich Ostermeier sicher. Die Auswahl an Beispielen lässt erahnen, wie revolutionär diese Anwendung werden könnte. Die NASA erprobt gedruckte Triebwerksteile. Zahnkronen und Zahnersatz werden bereits auf diese Weise in Serie hergestellt.
Das Berliner Herzzentrum druckt sich die Herzklappen selbst. So könnte die industrielle Fertigung einen Schub in eine neue Richtung erhalten. Selbst Metalle werden mittlerweile verarbeitet. Denkbar ist zum Beispiel, dass Autohersteller ihre Ersatzteile nur noch als 3D-Bilder ins Internet stellen und Werkstätten sich benötigte Materialien selbst ausdrucken.

Die dezentrale Produktion lässt bei den Optimisten die Hoffnung auf eine umweltfreundlichere Fertigung industrieller Teile keimen. Diese Chance sieht auch das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) unter gewissen Bedingungen. „Es braucht auch neue Protagonisten für Nachhaltigkeit, die die neuen Technologien so einsetzen, dass sie soziale und ökologische Vorteile erschließen“, lautet das Fazit einer kürzlich vorgestellten Studie des Instituts.

Mal eine bessere, mal eine schlechtere Umweltbilanz

Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass die Ökobilanz der 3D-Drucker keineswegs immer besser ausfällt als die herkömmlicher Produktionsweisen. Sie haben dazu beispielhaft Handyschalen und Flugzeugteile unter die Lupe genommen. Bei den Gehäusen kam es zu keiner Verminderung der Ressourcenverbräuche. Dagegen können additive Verfahren, wie die industrielle Anwendung der 3D-Drucker genannt werden, im Flugzeugbau zu einer Entlastung der Umwelt führen.
Eine weitere Hoffnung setzt das IÖW auf die Zusammenarbeit von Internetnutzern, wie sie heute schon bei Projekten wie Linux oder Wikipedia Realität ist. Do-it-yourself-Hersteller könnten sich Anleitungen und Designs online teilen und sich von der Industrie unabhängig machen. „Solche Formen der Kollaboration gibt es in ersten Ansätzen auch im Bereich der materiellen Welt“, stellt Studienautor Ulrich Petschow fest. Dies führe zu einer Demokratisierung der monopolisierten Produktionswelt.

3D macht Flugzeuge leichter

Der Münchner Anbieter von industriellen 3D-Verfahren Electro-Optical Systems (EOS) hat gemeinsam mit der Airbus-Gruppe eine Nachhaltigkeitsstudie zur Produktion von Landeklappenscharnieren für das Modell A 320 erstellt. „Die Vorteile erstrecken sich über den gesamten Lebenszyklus“, berichtet Autorin Claudia Jordan. So werden für die Herstellung weniger Rohstoffe benötigt. Dadurch sinkt wiederum das Gewicht der Scharniere um zehn Kilogramm. Dies bewirkt Einsparungen beim Kerosinverbrauch der Maschine. Unter dem Strich werden die CO2-Emissionen der Scharniere über deren gesamten Lebenszyklus um 40 Prozent gesenkt. Jordan sieht noch weitere Vorzüge der additiven Verfahren. Manche Produktion könne aus Billiglohnländern wieder in die alten Industrieländer zurückgeholt werden.

In Hinblick auf die Nachhaltigkeit der 3D-Drucker sind die wissenschaftlichen Befunde noch längst nicht eindeutig. Auch das Freiburger Öko-Institut sieht hier noch einen erheblichen Forschungsbedarf. Im Auftrag der Grünen im Europäischen Parlament hat das Institut Chancen und Risiken der Technologie untersucht. So könnten beim Transport, der Lagerhaltung und den Verpackungen Ressourcen eingespart werden.
Dem stehe ein möglicherweise verstärkter Einsatz einzelner Rohstoffe durch die beschränkte Auswahl gegenüber, stellen die Forscher fest. So kämen vor allem künstliche Rohstoffe beim 3D-Druck zum Einsatz. Der damit verbundene höhere Energiebedarf fresse die Einsparungen an anderer Stelle wieder auf. Auch sieht das Institut die Gefahr, dass Konsumenten sich aufgrund der leichten Herstellungsweise immer schneller neue Produkte ausdrucken und der Materialverbrauch sogar ansteigen könnte.

Soziale Folgen sind noch nicht abschätzbar

Ebenso unterschiedlich wie die zu erwartetende Umweltbilanz sehen Fachleute die sozialen Folgen der möglicherweise revolutionären Industrietechnologie. Sebastian Schlund vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation sieht zwei vorherrschende Denkansätze. „Die Vertreter der progressiven Sichtweise gehen von einer viel effizienteren Produktion und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen aus“, erläutert der Produktionsexperte.
Andere wiederum würden eher die erwarteten Verluste an Arbeitsplätzen in den Mittelpunkt stellen. Dies kommt auch in einer Studie des Instituts zur Industrie 4.0 zum Ausdruck. Zumindest bei einer flächendeckenden Einführung additiver Verfahren gehen zunächst einmal Jobs in der Fertigung verloren. Inwieweit diese durch einen neu entstehenden Bedarf, zum Beispiel an Spezialisten im 3D-Druck, ersetzt werden können, ist heute noch offen.

Noch steckt die dreidimensionale Drucktechnologie in den Kinderschuhen. „3D-Druck ist heute für viele industrielle Anwendungsbereiche noch zu teuer, zu langsam und nicht prozesssicher genug“, sagt Schlund. Nur in wenigen Bereichen, etwa bei Implantaten, ist 3D-Drucken wirtschaftlich. Doch in den nächsten Jahrzehnten trauen Fachleute den neuen Verfahren eine Revolutionierung der Industrie in vielen Bereichen zu. Die Unternehmensberatung McKinsey and Company hält den 3D-Druck sogar für einen der 15 wichtigsten Trends in der Wirtschaft.

Weiterführende Informationen

Studie Dezentrale Produktion, 3D-Druck und Nachhaltigkeit des Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)

Ökodesign-Studie von Electro-Optical Systems (EOS) und Airbus

Studie 3D-Drucker: Hype oder Chance? des Öko-Instituts

Fraunhofer-Seite zur Industrie 4.0

Zusammenstellung von Technologietrends der Unternehmensberatung McKinsey