„Es geht um Führung für Nachhaltigkeit“ – Interview mit der Managementberaterin Petra Künkel

Am 8. November findet für Nachwuchsführungskräfte von Unternehmen, Verbänden, NGOs und Verwaltungen in der GIZ Repräsentanz in Berlin die Dialogveranstaltung “Leadership neu denken. Innovation – Nachhaltigkeit – Zukunft” statt. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist hier möglich.
http://www.youngleadersforsustainability.de/node/216
Für alle, die sich tiefergehend mit Führung für Nachhaltigkeit auseinandersetzten wollen, bietet das Collective Leadership Institute den Kurs „Young Leaders for Sustainability“ an, der in vier Einheiten entsprechende Methoden vermittelt. Das Programm für 2014 wird ab Ende dieses Jahres ausgeschrieben.

Das Interview führte Ingo Arzt

Wer Nachhaltigkeit in einem Unternehmen, einer öffentlichen Einrichtung oder in der Zivilgesellschaft umsetzen will, braucht Kompetenzen, die weit über klassisches Management hinausgehen. Welche genau, erläutert Petra Künkel, Gründerin und Geschäftsführerin des Collective Leadership Institutes (CLI), im Interview. Das CLI veranstaltet im November zum vierten Mal eine Dialogveranstaltung, um Nachwuchsführungskräften die Methoden zu vermitteln.

Frau Künkel, an Ihrem Institut lernen junge Führungskräfte, wie sie nachhaltige Projekte beruflich umsetzen können. Wie erfolgreich sind sie dabei?

Petra Künkel: Wir haben 28 Teilnehmer zwischen 24 und 34 Jahren von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und aus der Zivilgesellschaft, etwa von Oracle, Ernst & Young, der GIZ, dem WWF, dem Verein Citizens for Europe oder dem Bayerischen Landesamt für Umwelt. Sie setzen konkret Projekte um. Bisher ging es in nationalen Vorhaben beispielsweise um nachhaltigen Tourismus in einer Region in der Nähe von Lübeck, andere wollten in internationalen Unternehmen eine nachhaltige Wertschöpfungskette etablieren.

Konnten die Teilnehmenden die bei Ihnen gelernten Inhalte denn später in ihren Unternehmen und Organisationen umsetzen?

Das kommt auf die Unternehmen an. Wir hatten eine Teilnehmerin, die den Carbon Footprint ihres Unternehmens ausrechnen wollte. Das ist sehr kompliziert, weil die unterschiedlichsten Stakeholder Daten einbringen müssen. Die Teilnehmerin hatte einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund, ihr war nicht klar, wie viele Leute man für ein solches Projekt koordinieren und begeistern muss. Aber am Ende hat es geklappt, weil das Unternehmen dahinter stand.

Nachhaltiges Führen heißt also vor allem zu koordinieren?

Mehr als das. Nachhaltigkeit ist extrem komplex und lässt sich nicht auf einfachere Vorgänge reduzieren. Sie müssen also zunächst lernen, in komplexen Strukturen zu denken. Dann müssen Sie besser im Kooperationsmanagement werden, woran vieles in Sachen Nachhaltigkeit scheitert. Wenn Sie eine transparente Wertschöpfungskette herstellen wollen, müssen Sie nicht nur konsultieren. Sie müssen der Agent sein, der die Kooperation zwischen allen Akteuren in Gang setzt. Das ist mehr als reine Organisation, man muss sich hinter eine Idee stellen und Leute begeistern. Das gilt auch in kleinen Projekten wie Tourismusmanagement, da müssen Sie Stadt, Land, Firmen und Kunden integrieren.

Das klingt nach Führungskompetenzen, die ohnehin gefragt sind.

Es geht darum, in Netzwerken den Führungsbegriff nicht mehr nur hierarchisch innerhalb von Organisationen zu denken. Die Teilnehmer müssen Prozesse führen, ohne dass sie in einer übergeordneten Position sind. Wie mache ich das, ohne in einem Unternehmen eine Vorgesetztenfunktion inne zu haben? Wie führe ich solche Prozesse zwischen Organisationen? Die Themen reichen vom Umgang der Führung mit Mitarbeitern über die Verringerung von COââ??â??-Emissionen bis hin zu neuen Produkten, die sich dem Thema Nachhaltigkeit anders stellen. Wir wollen zudem vermitteln: Unternehmerischer Erfolg und Nachhaltigkeit darf kein Widerspruch sein, sie bedingen sich.

Eine Führungskraft, die nachhaltig führt, ist moderierender, weniger autoritär?

Nicht automatisch. Es geht nicht um nachhaltiges Führen, sondern um Führung für Nachhaltigkeit. Die Frage ist dabei: Wie werden wir in einer komplexen Welt effizienter und ressourcenschonender? In solchen Zusammenhängen ist eine partizipative, kooperative Führung einfach stärker. Damit bringen Sie die Dinge schneller voran.

Ist es ein Karrierevorteil, wenn man als junger Mensch solche Fähigkeiten lernt?

Ja, weil das die Anforderungen von modernem Management sind. Führen heißt in dem Sinne: Ich organisiere die Welt, ich inspiriere Leute und bringe sie zusammen. Eine sehr große deutsche Firma im Automobilsektor hat das kürzlich über die Anforderungen an ihre Führungskräfte genauso geschrieben: Vernetzen, komplex denken, mit Volatilität umgehen, schnell dazulernen, adaptiv denken, Risiken schnell auswerten.

Im November können Interessierte in einer Dialogveranstaltung das Programm kennenlernen. Wie kann man sich das finanzieren, wenn man keinen Arbeitgeber hat, der zahlt?

Es gibt Stipendien, eines vom Collective Leadership Institut und drei von der BMW-Stiftung. Für dieses Jahr sind die Plätze vergeben, ab Januar geht der Bewerbungsprozess für 2014 los. Wir suchen allerdings immer noch Stiftungen oder Personen, die Plätze oder Teilplätze für Teilnehmer vor allem aus der Zivilgesellschaft fördern.

Weiterführende Informationen

Anmeldung zur YLS Dialogveranstaltung: “Leadership neu denken. Innovation – Nachhaltigkeit – Zukunft.”

CLI – Das Collective Leadership Institute