Zeit zu handeln – Gäste von RENN und RNE formulieren #DIEANSAGE mit vier Forderungen an den VN-Gipfel

Vor dem VN-Gipfel zu den 17 Nachhaltigkeitszielen formulieren Vertreterinnen und Vertreter aus der Zivilgesellschaft klare Forderungen an die Politik. Ihre Botschaft: Reden allein reicht nicht mehr aus.

Ihre Ansage könnte deutlicher nicht sein. Die Politik muss sich bewegen, denn es geht um nichts Geringeres als die Rettung des Planeten. Rund 300 Menschen folgten am vergangenen Dienstag in Berlin dem Aufruf des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) klare Forderungen an die Vertreterinnen und Vertreter der Staatengemeinschaft zu stellen.

Dies geschah wenige Tage vor der VN-Generalversammlung sowie dem Klimagipfel in New York. Im Rahmen der Konferenz treffen sich am 24. und 25. September die Staats- und Regierungschefs erstmalig auch zu einem Gipfel zu den VN-Nachhaltigkeitszielen.

Ziel ist es, die Umsetzung der Agenda 2030 und der darin enthaltenen Ziele für nachhaltige Entwicklung zu überprüfen. Es ist das erste große Treffen auf höchster politischer Ebene seit Verabschiedung der Ziele im September 2015.

16 Pitcher*innen gaben in vier Bootcamps Input und diskutierten mit den Teilnehmenden der Veranstaltung „DIE ANSAGE“ des RNE in Kooperation mit der RENN-Leitstelle ihre wichtigsten Anliegen. Dazu dienten die Schlagworte Lebensmodell Zukunft, Agenda 2030, Internationale Leitkultur Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsbewegung als Überschrift für die Diskussion von Ideen und Anregungen. Es ging unter anderem dann im Detail um gute Ernährung, um ein würdevolleres Zusammenleben, um Achtsamkeit und eine liberale Zukunft, um Müllvermeidung, nachhaltigen Konsum, alternative Mobilitätskonzepte, um Jugendbeteiligung – und immer wieder um Klima und Klimagerechtigkeit.

In den Bootcamps tauschten sich die Teilnehmenden über ihre Vorstellungen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit aus. Zum Beispiel, ob Verbote für klimaschädliche Autos sinnvoll sein könnten. Oder ob Suchmaschinen-Algorithmen grundsätzlich auf Nachhaltigkeit trainiert sein sollten.

Tom Patzelt von „Fridays for Future“ hob die Dringlichkeit des Handelns eindrücklich hervor. „Wir können viel über Konsum reden, am Ende ist das Verhalten, was wir brauchen, Aktivismus.“ Er forderte: „Wir müssen Banden bilden und den politischen Akteuren auf die Finger hauen – wenn nötig.“ Seit Monaten mache die Bewegung konkrete Ansagen, aber bisher würde noch wenig passieren.

Ähnlich äußerte sich Wolfgang Oels, Chief Operation Officer bei Ecosia „Es gibt keinen zeitlichen Puffer, die Projekte umzusetzen“, betonte Oels. Sein Unternehmen funktioniert nach gemeinwohlorientierten Regeln. Konkret steht Ecosia für eine Nachhaltigkeitssuchmaschine. Mit den Einnahmen aus den Suchanfragen pflanzt die Firma Bäume, dort „wo sie dringend benötigt werden“. Es sind bereits mehr als 60 Millionen.

Mehr Anstrengung zur Umsetzung der VN-Nachhaltigkeitsziele

Wie groß die Notwendigkeit für eine neue Nachhaltigkeitspolitik, einen sozioökonomischen Wandel sei, machte auch die ehemalige Bundesentwicklungsministerin und heutiges RNE-Mitglied, Heidemarie Wieczorek-Zeul, klar. Die wirtschaftsstarken Länder bürdeten den wirtschaftsschwachen Ländern im Globalen Süden viel auf, sagte Wieczorek-Zeul zum Auftakt der RNE/RENN-Veranstaltung „DIE ANSAGE – Impulse zur Nachhaltigkeit“.

Sie appellierte an Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die VN-Nachhaltigkeitsziele bekannt zu machen und zu verbreiten – und sich für deren Umsetzung mehr anzustrengen. Wieczorek-Zeul plädierte für einen VN-Nachhaltigkeitsrat, der dafür sorge, dass die Ziele erreicht würden. Auch Josef Ahlke, Konsortialführer von RENN.mitte, forderte einen konkreten und schnellen Einsatz. Er setzt auf die Initiativen vor Ort in den einzelnen Bundesländern. „Wir haben es drauf. Wir machen das heute“, sagte Ahlke.

Am Ende der Diskussionen in den Bootscamps wurde abgestimmt – aus 12 Ansagen wurden vier, das Ergebnis war knapp. Die meisten Klicks bekamen diese vier Ansagen, die die Bundesregierung beim VN-Nachhaltigkeitsgipfel in New York vortragen soll und die Dr. Ingolf Dietrich vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Gepäck haben wird:

  1. Ökologische und soziale Kosten in Produkte einspeisen
  2. Politische Ansagen den wissenschaftlichen Erkenntnissen anpassen
  3. Sagt die Wahrheit und mutet den Menschen etwas zu
  4. Wir brauchen einen globalen progressiven CO2-Preis

Wissenschaft und Zivilgesellschaft ernst nehmen

Die Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE), Marlehn Thieme, zeigte sich beeindruckt von der Dichte der Diskussionen in den Bootcamps. Insbesondere der Appell an die Politik, wissenschaftliche Erkenntnisse ernst zu nehmen und umzusetzen, sei wichtig. Dies gelte auch in Diskussionen mit anderen Staaten, sagte Thieme.

„Das ist keine Regierungsveranstaltung in New York“, betonte Dietrich. Die Umsetzung der VN-Nachhaltigkeitsziele sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Verschiedenste Berichte hätten bereits im Vorfeld der Konferenz gezeigt: beim Artenschutz, beim Schutz des Klimas, der Geschlechtergerechtigkeit oder beim Kampf gegen die Verschmutzung der Meere liegt die Staatengemeinschaft deutlich zurück.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel werde am Dienstag beim Gipfel sprechen und sich für die Umsetzung der VN-Ziele stark machen. „Das Thema ist sehr hoch auf der politischen Agenda angesiedelt“, sagte Dietrich. Geplant seien für das kommende Jahr verschiedene Aktionsprogramme. Zudem soll eine Dekade für nachhaltige Entwicklung ausgerufen werden.

Die RNE-Vorsitzende Thieme kündigte weitere Neuerungen für den VN-Gipfel an. Ein vom RNE ins Leben gerufenes Globales Forum von Nachhaltigkeitsräten und ähnlichen Gremien werde bald seine Arbeit aufnehmen. Unterstützt werde die Initiative bereits von Costa Rica, Holland, Kolumbien, von Finnland, Spanien oder Namibia – und der deutschen Bundesregierung. „Das ist ein Meilenstein“, sagte Thieme. Aber nicht nur New York markiere einen wichtigen Termin auf der politischen Agenda zu mehr Nachhaltigkeit. Auch die Bundesregierung müsse im Klimakabinett die Weichen für mehr Klimaschutz stellen.

Thieme forderte die politischen Vertreterinnen und Vertreter auf, die Empfehlung für einen CO2-Preis dort aufzunehmen und sich für eine CO2-Senkung einzusetzen. Zudem betonte sie erneut die Bedeutung einer verbesserten deutschen Nachhaltigkeitspolitik. Ende Oktober ist der Auftakt zu einer bundesweiten Reihe von Veranstaltungen zur Weiterentwicklung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie geplant.

Weitere Videomitschnitte und Fotos der Veranstaltung finden Sie hier.