Baulandmobilisierungsgesetz: Auf dem Weg zu einer sozialen und ökologischen Bodenpolitik?

Nach langen Verhandlungen wurde nun im Bundestag das Baulandmobilisierungsgesetz beschlossen. Bringt es die notwendigen Verbesserungen an der Baulandpolitik? Ein Blick auf das Gesetz aus Nachhaltigkeitsperspektive.

Das Thema Bauen und Wohnen bewegt unsere Gesellschaft landauf, landab. In Ballungsräumen steigen die Mieten in teils schwindelerregende Höhen, andernorts dominiert massiver Leerstand das Stadtbild. Gleichzeitig bleibt der Bedarf an Parks, Wäldern, Wiesen, Biotopen und Gärten, an grünen, kühlenden Lungen, in Großstädten wie in ländlichen Räumen, hoch. Das haben uns nicht zuletzt die Hitzesommer der vergangenen Jahre und die Corona-Pandemie vor Augen geführt. Doch wie schaffen wir leistbaren Wohnraum, ohne den Flächenverbrauch weiter steigen zu lassen?

Boden ist ein knappes Gut

Aus Sicht des Nachhaltigkeitsrats muss Stadt- und Regionalentwicklung auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein. Ein wesentlicher Hebel für die Kommunen liegt dabei in der Bauland- und Bodenpolitik. Bereits 2018 haben sich die im Dialog Nachhaltige Stadt versammelten Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister in einer Stellungnahme für bessere Rahmenbedingungen in diesem Politikfeld ausgesprochen. Flächenpotenziale für bezahlbares Wohnen sollen intelligent durch die Kommunen erschlossen werden können.

Gleichzeitig müssen die Flächeninanspruchnahme begrenzt und ökologische Infrastrukturen
erhalten und ausgebaut werden – gerade mit Blick auf die Folgen der Klimakrise. „Wir müssen neue Wege im Wohnungsbau gehen, denn die Fläche ist ein knappes Gut“, so die Kommunalvertreterinnen und -vertreter in ihrer Stellungnahme. Denn: dieses Gut wird nicht nur knapper, es wird auch immer teurer. So sind in der bayerischen Landeshauptstadt München die Grundstückspreise zwischen 1950 und 2015 um das 340-fache gestiegen. München mag ein Extrembeispiel sein, die Tendenz ist in vielen deutschen Städten aber ähnlich.

Wichtigstes wohnungspolitisches Vorhaben der Legislaturperiode

Seit vielen Monaten wird nun das sogenannte „Baulandmobilisierungsgesetz“ der Großen Koalition diskutiert. Wie der Name bereits erahnen lässt, sollen mit zahlreichen Änderungen im Baugesetzbuch (BauGB) insbesondere die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen zur Vereinfachung der Wohnbaulandmobilisierung gestärkt werden. Es ist das wichtigste wohnungspolitische Vorhaben dieser Legislaturperiode. Soeben hat der Bundestag dem Gesetzentwurf zugestimmt.

„Das Baulandmobilisierungsgesetz bringt echte Verbesserungen. So stehen Kommunen bessere Instrumente für die Schaffung und den Erhalt bezahlbaren Wohnraums zur Verfügung. Doch leider hat es auch der Paragraf zur vereinfachten Ausweisung von Bauflächen im Außenbereich mit ökologisch problematischen Auswirkungen ins Gesetz geschafft“, sagt Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster und Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung. Größte Fehlstelle des Gesetzes ist demnach die Verlängerung des ursprünglich befristeten Paragraf 13b des BauGB. Damit können weiterhin Flächen im Außenbereich, also am Dorf- und Stadtrand, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und die Pflicht zum Ausgleich von Schäden an Natur und Landschaft als Bauland ausgewiesen werden.

Die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister des Dialogs Nachhaltige Stadt hatten nachdrücklich die Rücknahme der Regelung gefordert. „Das in der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes formulierte Ziel, den Flächenverbrauch auf unter 30ha pro Tag bis 2030 zu senken, wird somit immer schwerer zu erreichen. Auch könnte der Paragraf negative Folgen für das Leben in den Ortskernen haben: Die Zersiedelung und das Bauen „auf der grünen Wiese“ wird weitergehen, vor allen Dingen in kleinen Städten und im ländlichen Raum“, sagt Jan Korte, Referent für Kommunale Nachhaltigkeit in der RNE-Geschäftsstelle. Diese Befürchtungen untermauert eine Auswertung des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2020 zur Anwendung des in der Baugesetzbuchnovelle des Jahres 2017 eingeführten §13b.

Positive Veränderungen bringen Vorkaufsrecht und Umwandlungsverbot

Der Dialog Nachhaltige Stadt empfahl 2018 der Bundesregierung, den Kommunen ein gebietsbezogenes, generelles Vorkaufsrecht einzuräumen. Es solle auch die Bodenbevorratung, also das Vorhalten günstiger Flächen, die in Zukunft als Bauland dienen können, erleichtern. In Ulm ist dieses Instrument der Bodenbevorratung seit über 100 Jahren erprobt. Die Stadt initiiert nur dann ein Bebauungsplanverfahren, wenn die Flächen auch ihr selbst gehören. So kann die Kommune nicht nur aktiv steuern, wo welche neue Bebauung stattfinden soll, sondern auch die Bodenpreissteigerung dämpfen und Baulandspekulation begrenzen.

Das Baulandmobilisierungsgesetz erleichtert nun das Ausüben des Vorkaufsrechts deutlich. Städte und Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten können so einfacher in den Kaufvertrag für ein Haus oder Grundstück einsteigen. Diese Regelung müssen allerdings die Bundesländer erlassen, was Akteure wie die kommunalen Spitzenverbände wiederrum mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltung kritisieren. „Die Städte können und wollen selbst entscheiden, wann und in welchem Umfang es angebracht ist, von den planungsrechtlichen Instrumenten des Baugesetzbuchs Gebrauch zu machen“, kritisiert etwa Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Neu ist, dass sich die Kommunen zukünftig beim Preis auf den durch Gutachter*innen ermittelten Verkehrswert berufen können, und nicht etwa den teureren, oft spekulativen Marktwert bezahlen müssen.

In angespannten Märkten soll darüber hinaus die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen durch eine Genehmigungspflicht verhindert werden können, zunächst befristet bis zum Jahr 2025. Ausnahmen kann es für Häuser mit drei bis 15 Wohnungen geben. Wo sie sich in dieser Spanne verorten, können auch wieder die Länder für ihre Kommunen entscheiden. Auf diese Weise sollen Kleineigentümerinnen und -eigentümer geschützt werden. Diese Regelung wird insbesondere die Großstädte betreffen. Es obliegt auch hier den Ländern, Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt festzulegen.

Andere wichtige Aspekte der Boden- und Baupolitik, wie eine Stärkung des genossenschaftlichen Bauens, Regelungen zu kommunalen Bodenfonds oder den Zugriff auf verbilligte Grundstücke, die die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister 2018 empfohlen hatten, werden im Gesetz nicht angegangen. Ein ganzheitlicher Ansatz, der Klima- und Biodiversitätsthemen mit Siedlungsentwicklung, bezahlbarem Wohnen, der Eindämmung von Bodenspekulation und dem demographischen Wandel zusammendenkt, ist für RNE-Referent Jan Korte noch nicht zu erkennen: „Im Transformationsbereich ‚Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende‘ der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie liegt also auch in der nächsten Legislaturperiode noch einiges an Arbeit vor dem Gesetzgeber.“