Was muss die Klimadiplomatie jetzt leisten?

Bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen (UN) in Lima sind viele Fragen offen geblieben. Soll beim Gipfel in Paris nächstes Jahr ein neues Weltklimaabkommen verabschiedet werden, dann müssen „Präsidenten und Premierminister“ das Klima in den kommenden Monaten „ganz oben“ auf ihre To-Do-Liste setzen. Das fordert Achim Steiner, der Chef des UN-Umweltprogramms UNEP.

Wie geht es nach der UN-Klimakonferenz in Lima weiter? Zwei Wochen lang haben in der peruanischen Hauptstadt Vertreter von 194 Staaten über den besseren Schutz des Klimas verhandelt. Am Ende stand ihr "Lima-Appell" – und eine Menge offener Fragen. Der Exekutiv-Direktor des UN-Umweltprogramms UNEP, Achim Steiner, stellt fest: „Die Ergebnisse der Klimakonferenz in Lima lassen sich gerade noch mit der Note ‘ausreichend’ bewerten.“

Eigentlich sollten in Lima die Grundpfeiler für einen neuen Weltklimavertrag beschlossen werden. Doch im 37 Seiten starken Anhang des Lima-Appels stehen viele Vorschläge und Optionen, die im nächsten Jahr verhandelt werden sollen. Es sei mehr „erhofft und erwartet“ worden, so Steiner. „Aber Lima hat einmal mehr verdeutlicht, dass die Frage der Differenzierung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern und den sich daraus ableitenden Verantwortlichkeiten noch nicht gelöst ist.“

Soll in Paris Ende 2015 ein neues Klimaabkommen entstehen, dann muss in den kommenden Monaten vor allem dieser prinzipielle Streit gelöst werden. Staaten wie China oder Indien, Saudi Arabien und Singapur gelten bisher auf Klimakonferenzen als Entwicklungsstaaten. Dabei gehören sie mittlerweile aufgrund ihrer Bevölkerungszahl und einem starken Wirtschaftswachstum zu den größten CO2-Verursachern auf dieser Welt.

Die bisherige Einteilung stammt noch aus dem Jahr 1992, als die Klimarahmenkonvention beschlossen wurde. Industriestaaten sind danach strikt getrennt von den Schwellen- und Entwicklungsländern. So sieht der 2015 auslaufende Klimavertrag, das Kyoto-Protokoll, lediglich für Industrieländer konkrete CO2-Minderungsziele vor. Das heißt: Dieses alte Klimaregime deckt etwa 40 Staaten mit rund 15 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen ab.

Doch die Rechnung, die einen haben den Klimawandel verursacht, die anderen leiden darunter, lässt sich nicht mehr so einfach aufmachen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagt: „Die starre Trennung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern ist nicht mehr zeitgemäß. Klimaschutz gelingt nur gemeinsam.“ Das sehen andere westliche Staaten genauso.

Die Mehrzahl der Staaten aus der Gruppe 77 (G 77) sperrt sich aber dagegen. Dem Zusammenschluss der G 77 gehören heute mehr als 130 Staaten an, unter ihnen viele Entwicklungsländer, aber auch China. Sie weigern sich bisher, entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und Verantwortung für die Erderwärmung ebenfalls Pflichten zur Begrenzung ihrer Klimagase zu übernehmen.

In Lima sei allerdings „etwas in Bewegung geraten“, meint Hendricks. Tony de Brum, als Außenminister der Marshall-Inseln Mitglied der G77, hielt einen flammenden Appell und mahnte: „Wir können Lima nicht mit leeren Händen verlassen.“ Und ärmere Staaten wie Peru, Kolumbien oder Indonesien zahlen jetzt in den Grünen Klimafonds ein. Sie zeigen damit den Willen, zum Klimaschutz beizutragen. Insgesamt sind nun gut zehn Milliarden Dollar (rund acht Milliarden Euro) zugesagt. 100 Milliarden sollen es bis 2020 sein.

Den Klimadiplomaten bleibt nun noch ein knappes Jahr, um eine neue Balance zwischen historischer Klimabelastung, gegenwärtiger Emissionsbilanz und Wirtschaftskraft zu finden. „Wir können es uns nicht leisten nachzulassen“, erklärt Jennifer Morgan, Programmdirektorin für Klima und Energie am World Resources Institute in Washington in ihrer Stellungnahme. Morgan ist auch Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung ist.

Einfach wird das Abkommen nicht zu erreichen sein, eine Menge an Überzeugungsarbeit ist noch zu leisten. Bisher steht allein der Fahrplan: Im Februar wird in Genf über einen Entwurf für den Weltklimavertrag verhandelt. Bis März sollen alle Staaten darlegen, wie viel Treibhausgase sie ab 2020 einsparen wollen. Ende Mai muss dann ein kompletter Entwurf vorliegen. Im Dezember soll dann das neue Weltklimaabkommen verabschiedet werden, das für die Zeit nach 2020 gilt und erstmals alle Staaten einbezieht.

UN-Umweltprogramm-Chef Steiner sagt: „Dazu bedarf es klarer politischer Signale auf der Ebene von Staats und Regierungschefs.“ Und weiter: „Wir befinden uns in einer Zeit des Wandels und Übergangs, was das Selbstverständnis von Ländern in der heutigen Weltwirtschaft und -gemeinschaft betrifft.“ Die Klimaverhandlungen seien „nicht losgelöst von diesem geopolitischen Kontext“ zu führen. Steiner weiter: „Dies ist nicht zuletzt der Grund, weshalb das Thema Klima auf der ‘to-do-list’ von Präsidenten und Premierministern im kommenden Jahr ganz oben stehen sollte.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat versprochen, den Klimaschutz zu einem Schwerpunkt der deutschen G7-Präsidentschaft zu machen. Olaf Tschimpke, der stellvertretende Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung und Präsident des Naturschutzbund Deutschland (NABU), fordert Merkel auf, „noch einmal eine Schippe in der internationalen Klimadiplomatie drauf zu legen und mit den Staats- und Regierungschefs den Weg für ein verbindliches Abkommen doch noch zu ebnen." Am 7. und 8. Juni 2015 treffen sich die Staats- und Regierungschefs zum Gipfel in Schloss Elmau in Oberbayern.

Weiterführende Informationen

Ergebnisdokument der Weltklimakonferenz, der “Lima-Appell” [PDF, 640 kB]

Themenseite des Bundesumweltministeriums zur internationalen Klimapolitik

Stellungnahme des World Resources Institute zur Konferenz in Lima