„Versagen können wir uns nicht leisten“ – Interview mit Christopher Knowles, Europäische Investitionsbank

Wer eine Million Euro in Energieeffizienz investiert, sorgt für 15 Jobs, sagt Christopher Knowles, Chef der Abteilung für Klimawandel und Umwelt der Europäischen Investitionsbank. Er ist auch Kopf des Green for Growth Funds und fordert, neue Mechanismen der Finanzierung zu finden – um die nachhaltige Entwicklung voranzubringen.

Herr Knowles, die Finanzwelt interessiert sich mehr denn je für die nachhaltige Entwicklung. Droht eine neue Spekulationsblase oder kommt die ökologische Transformation tatsächlich voran?

Jeder Trend birgt auch ein Risiko, dass die Leute zu enthusiastisch werden. Aber das Problem zurzeit ist keine Blase, sondern das Versagen des Marktes. Der Ausstoß von Kohlendioxid ist zu billig. Die Entwicklung neuer Technologien schreitet zu wenig voran. Da müssen wir ran.

Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung schätzt, dass für die nachhaltige Entwicklung jedes Jahr 2,5 Billionen Dollar fehlen. Wo sollen diese konkret herkommen?

Die Summe ist groß, und vielleicht ist sie sogar immer noch zu niedrig. Jedenfalls kann sie nicht nur von staatlichen Institutionen aufgebracht werden, wir müssen die Privatwirtschaft mit ins Boot holen und die Kapitalmärkte. Dafür brauchen wir neue Mechanismen.

Welche Anleger haben Sie im Blick?

Das sind Pensionsfonds zum Beispiel aus Deutschland, aber auch Versicherungskonzerne. Der Green for Growth Fund ist erst vor sechs Jahren gegründet worden. Er muss seine kritische Masse erst noch erreichen. Bisher haben wir rund 310 Millionen Euro investiert, in 11 Ländern.

Hilft das anhaltend niedrige Zinsniveau, so dass auch große Anleger in erneuerbare Energien oder andere ökologische Projekte investieren, die eine vergleichsweise kleine, aber langfristige Rendite versprechen?

Das ist nicht der wichtigste Treiber. Der Green for Growth Fund versucht zum Beispiel eine Rendite zu zahlen, die mit denen in anderen Wirtschaftssektoren vergleichbar ist. Investoren weltweit verpflichten sich mittlerweile zur Corporate Social Responsibility. Darum gucken Sie nach nachhaltigeren Anlagen. Der größte Vorteil des Green for Growth Funds ist, dass Investoren vor den größten Risiken geschützt sind, weil diese von der öffentlichen Hand abgepuffert werden.

Der Green for Growth Fund investiert allein in erneuerbare Energien und Energieeffizienz, vor allem im Gebäudebereich. Wie soll die Armutsbekämpfung insgesamt finanziert werden?

Alles, was Sie gegen den Klimawandel tun, hilft auch gegen die Armut. Denn die ärmeren Länder sind besonders von den Folgen der Erderwärmung betroffen. Und der Umbau oder Ausbau der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien hat einen positiven Effekt auf den Arbeitsmarkt. Allein jede Million Euro, die in die Energieeffizienz investiert wird, schafft rund 15 neue Jobs.

Wie schafft man den Spagat zwischen Gewinninteressen der Unternehmen und weniger einträglichen aber auch notwendigen Versorgungsaufgaben?

Die meisten Regierungen haben verstanden, dass sie für ein Minimum an Daseinsvorsorge sorgen müssen, weil sie ein Kernbereich der staatlichen Aktivität ist. Sie wird selten völlig privatisiert.

Wie groß ist die Gefahr, dass sich Trittbrettfahrer die für eine nachhaltige Entwicklung gedachten Mittel beschaffen und es bei deren Verwendung nicht so genau nehmen?

Sage niemals nie, aber eine wachsende Zahl von Investoren will einen nachhaltigeren Weg. Mit ihnen arbeiten wir zusammen. Aber natürlich ist es auch eine Frage der guten Verwaltung.

Wie garantieren Sie, dass das Geld in die nachhaltige Entwicklung fließt?

Der Green for Growth Fund hat eine sehr transparente Herangehensweise um sicherzustellen, dass die Gelder für nachhaltige Zwecke eingesetzt werden. Wir veröffentlichen unsere Standards und Anforderungen auf unserer Webseite und machen auch vierteljährliche Berichte zu den Umweltauswirkungen unserer Investitionen zugänglich, sowie einen umfassenden Jahresbericht zu allen Aspekten unserer Aktivitäten. Der Fund wird von professionellen Beratern mit weitreichender Expertise und Erfahrung unterstützt, um kontinuierlich unser Vorgehen bei nachhaltigen Investitionen zu überprüfen und zu verbessern.

Deutschland, Großbritannien, die USA haben zusammen mit anderen das Global Innovation Lab for Climate Finance gegründet, um neue Ideen zu entwickeln, wie private Investitionen mobilisiert werden können. Wo hakt es am meisten?

Grüne Anlagen müssen auf dem Kapitalmarkt bekannter werden. Da geht es um mehr als ein bisschen Reklame. Wir müssen beraten, erklären, ausbilden. Versagen können wir uns nicht leisten. Sonst wird der Klimawandel das Leben zur Hölle machen.

Christopher Knowles, Chef der Abteilung für Klimawandel und Umwelt der Europäischen Investitionsbank und Chairman des Green for Growth Funds, Southeast Europe, der 2009 ins Leben gerufen wurde.

http://www.ggf.lu/

http://www.climatebonds.net/2015/01/weekly-update-supra%E2%80%99s-continue-build-market-providing-liquidity-depth-eib-taps-further

http://climatefinancelab.org/

Weiterführende Informationen

Green for Growth Fund

Climate Bonds Initiative

The Global Innovation Lab for Climate Finance