Unternehmen: EU veröffentlicht Umsetzungshilfen für die Einhaltung von Menschenrechten

Die Europäische Kommission hat für mehrere Branchen Umsetzungshilfen zu den UN-Leitprinzipien für Menschenrechte und Unternehmen (UN Guiding Principles on Business and Human Rights) veröffentlicht. Die Anleitungen beziehen sich auf die Sektoren Personalvermittlung, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Äl und Gas. Außerdem gibt es eine Umsetzungshilfe speziell für kleine und mittlere Unternehmen.

Die UN-Leitprinzipien für Menschenrechte und Unternehmen waren im Juni 2011 vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedet worden. Erarbeitet hatte sie der UN-Sonderbeauftragte für Wirtschaft und Menschenrechte, Professor John Ruggie, nach einem mehrjährigen Konsultationsprozess mit der Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen.

Seit 2005 hat Ruggie diese Prinzipien entwickelt, die die Pflichten von Staaten und die Verantwortung von Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten in der Wirtschaft definieren. Sie beruhen auf den Grundsätzen „protect, respect and remedy“.

Der Grundsatz „state duty to protect“ meint die völkerrechtliche Pflicht von Staaten, die eigene Bevölkerung vor Verletzungen der Menschenrechte zu schützen – und zwar auch, wenn diese von Unternehmen ausgehen. Der Grundsatz „corporate responsibility to respect human rights“ appelliert an die Verantwortung von Unternehmen, Menschenrechte auch dann zu achten, wenn staatliche Regulierung noch unzureichend entwickelt ist.

Verletzen Unternehmen die Menschenrechte, hat der Staat die Pflicht, den Geschädigten “acces to remedy” zu verschaffen, also Zugang zu Rechtsschutz zu gewähren. Die Leitprinzipien der UN verlangen von Unternehmen die Abgabe einer öffentlichen Verpflichtungserklärung und die Implementierung der Menschenrechtspolitik im Rahmen betrieblicher Risiko-Überprüfungsmechanismen (due diligence).

Vorgaben zur Umsetzung sind in den Leitprinzipien beschrieben und für einzelne Sektoren wiederum in den nun veröffentlichten Umsetzungshilfen der EU-Kommission noch stärker konkretisiert. In den vorausgegangenen Konsultationsprozess der Umsetzungshilfen war auch econsense einbezogen, das Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft.

Für jeden der drei Sektoren enthalten die Umsetzungshilfen eine Wesentlichkeitsmatrix zur Identifizierung menschenrechtsrelevanter Themen im Betrieb. Für Personalvermittlungsagenturen sind dies zum Beispiel Vorgaben zu Antidiskriminierung, Beschwerderechten oder religiösen Feiertagen. Im Folgenden erklären die Umsetzungshilfen, wie die Standpunkte von Beteiligten am besten erfasst und umgesetzt und wie Erfolge kommuniziert werden.

Kritik an der Bundesregierung

Neben den nicht-bindenden Vorgaben für Unternehmen konkretisieren die UN-Leitprinzipien auch Pflichten für die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen. Mehrere Nichtregierungsorganisationen beklagen, dass die Bundesregierung diese bisher noch nicht ausreichend umgesetzt habe. Konkret kritisieren Germanwatch, Transparency International und der Verbraucherzentrale Bundesverband, dass die Bundesregierung noch keinen Aktionsplan für die Umsetzung der Leitprinzipien vorgelegt habe.

„Es ist ein Skandal, dass die Regierung es innerhalb dieser Legislatur nicht  geschafft hat, einen Stakeholderprozess zur Entwicklung eines nationalen Aktionsplans zu starten. Sie hat nicht einmal klären können, welches Ministerium zuständig ist“, sagte Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch laut einer gemeinsamen Mitteilung der drei Organisationen.

Das Bundesarbeitsministerium erklärte auf Anfrage, in die Umsetzung der UN-Prinzipien seien wegen deren Komplexität mehrere Ressorts der Bundesregierung eingebunden, die Ministerien für Entwicklung, Auswärtiges, Wirtschaft, Arbeit und Justiz. Das Arbeitsministerium koordiniert das nationale CSR-Forum, in dem deutsche Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt sind.

Auf dessen Sitzung am 19. Juni verabschiedeten die Teilnehmer eine Erklärung an die Bundesregierung zur nationalen Umsetzung der Leitprinzipien und berieten unter anderem über die Situation der Textilindustrie in Bangladesch. Das Arbeitsministerium verwies weiter darauf, dass noch ein Bericht der EU-Kommission über Prioritäten bei der Umsetzung der Leitprinzipien ausstehe.

„Im Lichte dieses Berichts wird die Bundesregierung entscheiden, ob über die Vielzahl der von ihr bereits getroffenen und im Aktionsplan CSR sowie im Menschenrechtsbericht der Bundesregierung dargestellten Maßnahmen hinaus die Notwendigkeit für einen übergeordneten nationalen Umsetzungsplan besteht“, sagte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums.

Weiterführende Informationen

UN-Leitprinzipien für Menschenrechte und Unternehmen [PDF, 1,1 MB]

Umsetzungshilfen der EU-Kommission

Hintergrundinformationen zu den UN-Leitprinzipien des Völkerrechtlers Professor Dr. Jochen von Bernstorff

Econsense-Seite zu Wirtschaft und Menschenrechten

Pressemitteilung von Germanwatch, Tranparency International und Verbraucherzentrale Bundesverband

Pressemitteilung zur Sitzung des Nationalen CSR-Forums am 19.6.2013