Topmanagement: Nachhaltiges Wirtschaften spielt bei Boni kaum eine Rolle

Spitzenmanager erhalten nur selten Boni dafür, dass sie ihre Firma nachhaltiger ausrichten. Das zeigen gleich zwei Studien, die internationale Unternehmen untersucht haben. Einige Energiekonzerne stellen mittlerweile auf derartige Entlohnungssysteme um – allerdings ist auch dort immer noch der Großteil des Gehalts vom rein wirtschaftlichen Erfolg abhängig.

Der deutsche Energieriese RWE AG und die US-amerikanische Technologieschmiede Intel Corporation haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Auf den Zweiten allerdings schon: Sie gehören zu den wenigen Konzernen, die zumindest einen Teil der Boni, die sie an Spitzenmanager ausgießen, nicht nur an gute Bilanzzahlen gekoppelt haben, sondern auch daran, ob sie nachhaltig wirtschaften.

Damit gehören die beiden Unternehmen zu einer Minderheit: Das Beratungsunternehmen Oekom Research hat 1.600 Unternehmen analysiert  und nur bei 6,1 Prozent „Ansätze zur Integration von sozialen, ökologischen und/oder wirtschaftlichen Kriterien in die Vergütungsstrukturen ihrer Führungskräfte“ entdeckt, wie es in dem Bericht heißt. Bei gerade mal 0,32 Prozent der Unternehmen kamen die Analysten zu einem „sehr gut“ in Sachen nachhaltiger Managervergütung. Am besten schnitten Energiekonzerne ab, gefolgt von Automobilkonzernen.

„Der Gedanke, dass Nachhaltigkeit auch ein Ausdruck eines gesunden Unternehmens ist, muss erst noch bei vielen Investoren und Unternehmen verankert werden“, sagt Laura Albarracin, zuständige Analystin für das Thema Corporate Governance bei Oekom Research. Bei vielen Unternehmen seien die Ziele noch sehr vage formuliert oder würden nicht transparent berichtet. Zudem gibt es noch ein Henne-Ei-Problem: „Eine von nachhaltigen Zielen abhängige Vergütung hilft dabei, Strukturen in einem Unternehmen zu verändern. Um nachhaltig zu vergüten braucht es aber zunächst bestimmte Strukturen, um die Ziele überhaupt messen zu können“, sagt Albarracin.

Führungskräfte brechen Versprechen

Eine weitere Studie der Non-Profit-Organisation The Conference Board, finanziert auch von zahlreichen Großunternehmen, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Entgegen den Versprechungen der Führungskräfte kommt Nachhaltigkeit in der Vergütungsphilosophie der meisten Unternehmen nicht vor“, heißt es in einer Studie, die im Januar veröffentlicht wird. Thomas Singer, einer der Studienautoren, fand bei nur drei Prozent der 1.200 größten börsennotierten Unternehmen weltweit Ansätze nachhaltigkeitsabhängiger Vergütung. In Europa waren es sechs Prozent, in Nordamerika drei, in Asien ein Prozent. Selbst für diese Unternehmen schränkt seine Kollegin Melissa Aguilar ein: „Die Bonuszahlungen für nachhaltige Ziele machen meistens nur einen kleinen Teil aus.“

Bei RWE beispielsweise gibt es neben der Festvergütung mehrere Bonuszahlungen, die den Managern nicht sofort gewährt werden. Sogenannte „Performance Shares“ etwa bemessen erst vier bis fünf Jahre später, ob sich die RWE-Aktie im Vergleich zu anderen Energieunternehmen besonders gut entwickelt hat – für den Fall erhalten die Vorstände im Nachgang einen Bonus.

Nachhaltigkeit kommt bei den Tantiemen ins Spiel, die eigentlich am Ende eines Geschäftsjahres je nach Erfolg von RWE ausgezahlt werden. Ein Viertel davon wird jedoch für drei Jahre einbehalten. Von diesem Viertel sind wiederum 45 Prozent an das Erreichen von Zielen der nachhaltigen Unternehmensführung gekoppelt. Gemessen werden diese Ziele mit einem firmeneigenen Corporate Responsibility Index, über den RWE in einem Nachhaltigkeitsbericht  Auskunft gibt. Konkret misst der Konzern beispielsweise den CO2-Ausstoß pro erzeugter Kilowattstunde Strom. Ziel: Minus 20 Prozent bis 2020. Weitere Ziele gibt es etwa bei der Arbeitssicherheit, der Energieeffizienz oder dem Umweltschutz – bei letzterem werden die Einhaltung von Genehmigungsauflagen und die Einführung von Umweltmanagementsystemen gemessen.

Mehr als Greenwashing

Was das in Zahlen bedeutet, lässt sich im Vergütungsbericht 2013  von RWE nur für den Vorstand Rolf Martin Schmitz zeigen. Die anderen fünf Vorstände waren noch nicht lange genug im Unternehmen, um von Nachhaltigkeits-Boni zu profitieren. Schmitz erhielt 2013 eine Bonuszahlung von 260.000 Euro für das Geschäftsjahr 2010, knapp die Hälfte davon hing an Nachhaltigkeitszielen. Gemessen an der gesamten Vergütung macht das wiederum einen relativ geringen Anteil aus: Schmitz verdiente 2013 insgesamt 3,3 Millionen Euro.

Beim Energiekonzern Eon hängt ein Teil des variablen Jahresgehaltes an Zielen bezogen auf den Frauenanteil in Führungspositionen und die Arbeitssicherheit. Zudem hat der Konzern 2013 mit Jà¸rgen Kildahl einen Vorstand zum Chief Sustainability Officer ernannt. Boni für CO2-Senkungen oder Energieeffizienz gibt es dagegen nicht.  

Bei Intel lässt sich nachlesen, dass CEO Brian M. Krzanich im Jahr 2013 9,3 Millionen Dollar verdiente. Ein Teil davon erhält er als Bonus, wenn bestimmte Ziele erreicht werden, die nach Punkten gewichtet sind. Von insgesamt 100 Punkten entfallen aber gerade mal sieben auf die Gesundheit der Mitarbeiter und Umweltschutz, genau genommen Recycling.

„Die Nachhaltigkeitsziele werden oft von den Firmen selbst definiert. Man muss genau hinschauen, wie ambitioniert sie sind. Es gibt da nicht wirklich Standards“, sagt Studienautor Thomas Singer. Dennoch hält er die Ansätze nicht für Greenwashing, sondern sieht darin Anzeichen, dass Nachhaltigkeitsziele immerhin allmählich in Konzernstrategien einfließen. „Es gibt diese Ziele, also setzen die Konzerne Anreize dafür. Noch achten nur wenige Investoren auf solche Indikatoren, aber die Gruppe wächst“, sagt Singer.

Weiterführende Informationen

Insider-Bericht im Guardian – Warum mehr Unternehmen ihre Vergütung umstellen sollten

Nachhaltigkeit und Vergütungssysteme – Kurzstudie von Oekom Research

The Conference Board: Linking Executive Compensation to Sustainability Performance, Studie von 2012 [pdf, 386 KB]

GRI-Guidelines, wie Vergütungssysteme und Nachhaltigkeit verbunden werden können unter Punkt 4,5 [pdf, 2,0 MB]

E.ON-Entsprechenserklärungen zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex (2010, 2011, 2012)

Intels vorläufiger Vergütungsbericht 2014 [pdf, 2,5 MB]

RWE-Vergütungsbericht 2013 [pdf, 116 KB]

RWE-Entsprechenserklärungen zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex (2010, 2011, 2012)