Palmöl soll nachhaltiger werden

Verheerende Waldbrände in Indonesien haben in den vergangenen Wochen zu einer der größten Umweltkatastrophen der letzten Jahre geführt. Während Greenpeace schwere Vorwürfe gegen die Palmöl-Industrie erhebt, bildet sich in Deutschland eine neue Initiative, um den Anbau des Öls nachhaltiger zu gestalten – dabei soll auch ein neuer internationaler Standard helfen.

Mehr als 500.000 Menschen mit Atemwegserkrankungen, mindestens 19 Todesfälle, 17.000 Quadratkilometer Wald abgebrannt, 30 Milliarden Euro Schaden und mehr als die doppelte Menge des jährlichen CO2-Ausstoßes Deutschlands freigesetzt – das ist nach Medienberichten die bisherige Bilanz der Waldbrände in Indonesien.
In dem Inselstaat sind allein zwischen 2000 und 2012 sechs Millionen Hektar Urwald verschwunden – für die Landwirtschaft, meist für den Anbau von Palmöl. Greenpeace erhebt nun Vorwürfe gegen die Plantagenbetreiber, die auf den jetzt abgebrannten Flächen bereits beginnen würden, neue Plantagen anzulegen. Indonesien ist mit 31 Millionen Tonnen pro Jahr weltweit größter Produzent von Palmöl.
Seit Jahren debattieren Industrie, Politik und NGOs darüber, wie das Problem zu lösen ist, dass für den Anbau von Palmöl wertvolle Regenwälder gerodet werden. Anfang November hat sich in Deutschland nun der Verein „Forum Nachhaltiges Palmöl“, kurz Fonap, gegründet, dessen Sekretariat in der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit angesiedelt ist.

43 Unternehmen im Fonap

Die Mitglieder, die zwei Jahre lang zunächst als loses Netzwerk gearbeitet haben, verpflichten sich, in ihren Produkten ausschließlich als nachhaltig zertifiziertes Palmöl zu verwenden. Was mittlerweile auch gelingt, zumindest bei den Eigenmarken der Handelsketten, deren Produkte in Deutschland hergestellt werden. Unter den mittlerweile 43 Mitgliedern finden sich neben dem WWF Deutschland und Österreich, dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft große Produzenten und Handelsketten wie DM, Edeka, Henkel, Kaufland, Lidl, Nestlé, Rewe, Weleda oder Unilever.
Allerdings steht der bekannteste Standard für zertifiziertes Palmöl, der des Roundtable on Sustainable Palm Oil, kurz RSPO, immer wieder in der Kritik von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und Journalisten. Eigentlich versprechen RSPO-Mitglieder, dass für das zertifizierte Palmöl keine Urwälder oder andere wertvolle Naturflächen zerstört werden und Arbeitsrechte eingehalten werden.
Allerdings gibt es immer wieder Berichte über Verstöße: Das International Labor Rights Forum etwa veröffentlichte 2013 einen Bericht, in dem die Gewerkschafts-Dachorganisation auf drei RSPO-Zertifizierten Plantagen unter anderem Kinder- und Zwangsarbeit aufdeckte.
Zudem dürfen für RSPO-zertifizierte Plantagen durchaus Wälder abgeholzt werden – nur eben nicht solche, die als „High Conservation Value“ ausgezeichnet worden sind, also besonders schützenswerte Habitate. Umweltschützer erheben auch in jüngster Zeit Vorwürfe: In einer im November veröffentlichten Studien untersuchten die britischen Umweltorganisationen Environmental Investigation Agency (EIA) und Grassroots das Zertifizierungssystem rund um RSPO.
“Who watches the Watchmen?” heißt der Report, “Wer überwacht die Überwacher?”. Dabei listen die Autoren zahlreiche Fälle auf, in denen Zertifizierer offensichtliche Verstöße gegen den RSPO-Standard jahrelang tolerierten. Das Problem sei systemimmanent: Es fehle den Zertifizierern an Kompetenz und Willen, die Missstände aufzudecken, oft herrschten Interessenkonflikte mit den Firmen, die kontrolliert werden.
Auch das Fonap weist immer wieder auf diese Probleme hin. Als Basis seien die Standards gut, sagte Fonap-Generalsekretär Daniel May bei der Gründung des Vereins in Berlin, ergänzte aber: „Alle Zertifizierungssysteme haben den dringenden Auftrag, sich zu verbessern.“ Entsprechend definiert es das Fonap als eine seiner Aufgaben, die Standards zu verbessern.

RSPO mit verbessertem Standard

Im Laufe des nächsten Jahres soll es ein zusätzliches Label geben – „RSPO Next“. Es baut auf dem Prinzip des RSPO auf – keine Entwaldung, keine Pflanzungen auf trocken gelegten Torfmooren, Schutz von Menschenrechten. Die Firmen müssen sich dabei verpflichten, auch außerhalb der zertifizierten Plantagen Verantwortung zu übernehmen – etwa durch ein Engagement gegen Brände, ein CO2-Reporting oder ein Verbot des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Paraquat auf den zertifizierten Flächen.
„Das ist auf jeden Fall ein großer Schritt in die richtige Richtung. Es zeigt, dass sich die Produzenten ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden“, sagt May. Die Frage ist nur, wer den Standard anwendet – schließlich ist er freiwillig. Wenn Produzenten voran preschen, dann braucht es auch Käufer. „Hier setze ich auf die deutsche Wirtschaft“, sagt May. Bisher allerdings wird weltweit nur 50 Prozent des nach RSPO zertifizierten Palmöls verkauft.
Selbst scharfe Kritiker des RSPO sehen in dem neuen Next-Label einen Fortschritt: „Das ist ein Anfang, jetzt geht es um die Implementierung“, sagt Tom Johnson, Forest Campaigner bei der EIA. Besonders positiv findet er, dass der neue Standard von einem Gremium kontrolliert wird, in dem auch NGOs sitzen. In sechs bis zwölf Monaten ließe sich absehen, ob die Reformen wirken. Fonap-Generalsekretär Daniel May hofft, dass die Kriterien von „RSPO Next“ bis 2018 zum allgemeinen RSPO-Standard erhoben werden.