Nachhaltigkeit und Banken - ein Widerspruch?

Die Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung, Marlehn Thieme, fordert von Banken, Aktionären und Kunden klare Belege, was ihr Beitrag zu einem nachhaltig funktionierenden Finanzmarkt ist. Und auch politisch bestehe weiter Handlungsbedarf, damit sich eine Finanzkrise wie 2008 nicht wiederhole.
In ihren Reden vor dem Bundesverband Deutscher Banken und dem Bankenverband Bremen nannte Thieme die Herausforderungen, denen sich Banken als Schlüsselbranche stellen müssten: demografischer Wandel, eine weiter geöffnete Schere zwischen Arm und Reich, extreme Wetterlagen in Folge des Klimawandels und knapper werdende – und damit teurere – Ressourcen. „Wir halten Wirtschaft und Finanzmarkt für wichtig zur Ausgestaltung nachhaltiger Entwicklung. Sie sollten Kapital aufbauen statt Kredit zu verspielen.“
Die Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) weiter: „Versicherungsunternehmen, insbesondere Rückversicherer, haben Nachhaltigkeit schon lange strategisch gedacht, erforscht und operationalisiert.“ Bei den Banken bestehe deutlicher Aufholbedarf. Sie müssten für sich klären, wie systemrelevant ihre Geschäftsmodelle der Zukunft sein sollen.
Nur was man misst, kann man auch steuern
Die Finanzdienstleister sollten Vorreiter für mehr konkrete und vergleichbare Messdaten zur Nachhaltigkeitsleistung werden. Als ein geeignetes Instrument zum standardisierten Nachhaltigkeitsreporting empfahl sie der Branche den Deutschen Nachhaltigkeitskodex, den der RNE gemeinsam mit Finanzanalysten und Vertretern der Zivilgesellschaft entwickelt habe. Bereits im vergangenen Herbst habe der Sparkassen und Giroverband die Initiative ergriffen, um mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in der Darstellung der sozialen und ökologischen Leistungen der Sparkassen auch in ihrem Kerngeschäft zu erreichen. „Das ist ein Beitrag für mehr Glaubwürdigkeit“, sagte Thieme.
Der „ehrbare Kaufmann“ habe im 19. Jahrhundert mit standardisierter Rechnungslegung Transparenz geschaffen und damit Vertrauen erworben. Heute gehe die Anforderung zur Risikobewertung darüber hinaus. „Mit Hilfe des Nachhaltigkeitskodex können Banken und Unternehmen über ihre Bilanz hinaus Kunden und Investoren über ihre Nachhaltigkeitsleistungen informieren.“
Thieme sieht weiteren Regelungsbedarf angesichts intransparenter Hedgefonds und damit unmöglicher Risikoanalysen. Mit freiwilligen Berichten könnten Banken jedoch schon heute einen eigenen Beitrag zur Transparenz zu leisten – bevor staatliche Regulierung einem „grauen Markt“ Grenzen setze.
Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie beschreibt die Ziele, aus ihr werden die einzelnen Aktivitäten abgeleitet. Der RNE berät dazu die Bundesregierung und hinterfragt, ob diese Ziele zu gegebener Zeit zu erreichen sind. Thieme gibt sich kritisch: „Bisher reichen die Anstrengungen noch nicht aus, um die Nachhaltigkeitsstrategie zum erkennbar Roten Faden für Regierungshandeln zu machen.“ Und auch von der Wirtschaft fordert sie konkrete Beiträge. So werde aus Ludwig Ehrhards „sozialer Marktwirtschaft“ eine „nachhaltige Marktwirtschaft“, die die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewältigen hilft.