Klimaschutz als Wachstumsmotor

Weltweites Wirtschaftswachstum und Klimaschutz können Hand in Hand gehen. So lautet die zentrale Botschaft des Berichts Better Growth, Better Climate, den die Globale Kommission für Wirtschaft und Klima kurz vor der Klima-Konferenz in New York präsentierte.

Die Globale Kommission tritt damit Befürchtungen entgegen, zu viel Klimaschutz bremse das Wirtschaftswachstum. Die Mitglieder wollen Argumente liefern, damit der Verhandlungsprozess der Vereinten Nationen konkrete politische Zielsetzungen und Maßnahmen zur Einschränkung des weltweiten Ausstoßes von klimaschädlichen Gasen erbringt.

Das Gremium wurde durch Äthiopien, Großbritannien, Indonesien, Kolumbien, Norwegen, Schweden und Südkorea ins Leben gerufen. Den Vorsitz der Kommission hat der ehemalige Präsident Mexikos, Felipe Calderà³n, inne. Ihr gehören Wirtschaftsvertreter, ehemalige Regierungsmitglieder und Wissenschaftler an, darunter Nicholas Stern, Professor der London School of Economics (LSE). Mit ihm diskutierte der Rat für Nachhaltige Entwicklung bereits 2006 seine Berechnungen zu wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels.

Ehrgeizige Maßnahmen zum Klimaschutz können ein „Motor für Wirtschaftswachstum und Wohlstand” sein, heißt es in dem Bericht Better Growth, Better Climate. Die Kommission prognostiziert, wieviel Geld in den kommenden 15 Jahren weltweit sowieso investiert wird, und wie diese Summe durch Klimaschutz steigen würde.
Klimaschutz erhöht Investitionen um 5 Prozent
Bis 2030 fließen demnach etwa 90 Billionen Dollar (rund 70 Billionen Euro) in den globalen Um- und Ausbau der Siedlungs- und Städteinfrastruktur, der Energiesysteme und der landwirtschaftlichen Produktion. Diesen Summen würden vermutlich ohnehin ausgegeben, weil die Weltbevölkerung wächst, sowie mehr Energie und Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt werden müssten. Berücksichtige man in dem Prozess von Anfang an die Anforderungen des Klimaschutzes, so steige die Investitionssumme nur um etwa fünf Prozent, haben die Kommissionsmitglieder errechnet.

Dieses Ergebnis kommt so zustande: Manche Investitionen werden durch Berücksichtigung von Klimaschutz zwar teurer. Den höheren Ausgaben stehen aber auch Einsparungen gegenüber. Beispielsweise wird weniger Erdöl und Kohle benötigt, wenn die Nutzung von Wind- und Sonnenenergie zunimmt. Unter dem Strich wäre das klimafreundliche Wirtschaftssystem damit nur wenig teurer als das konventionelle. Der Wachstumsprozess könnte weiterlaufen, so die These der Kommission, auch zunehmendem Wohlstand in den Schwellen- und Entwicklungsländern stünde grundsätzlich nichts entgegen.   

Diesen Ansatz dekliniert die Kommission für verschiedene Bereiche durch. So vergleicht sie als Beispiele für Entwicklungsoptionen im Städtebau Atlanta und Barcelona. Bei gleicher Bevölkerungszahl von gut fünf Millionen Einwohnern beansprucht die US-amerikanische Stadt knapp die 26-fache Fläche verglichen mit der spanischen. Wegen der langen Strecken führt das zu wesentlichen größeren CO2-Emissionen durch Fahrzeuge, aber auch zu höheren Kosten für Straßenbau. In einer klimaschonenden Variante von Stadtentwicklung könnte ein guter Teil der Aufwendungen eingespart und für andere Zwecke ebenfalls wachstumsfördernd ausgegeben werden.

Um den genannten Weg einzuschlagen, empfiehlt die Kommission eine Reihe von Maßnahmen, etwa „einen deutlichen, vorhersehbaren und steigenden Kohlenstoffpreis“. Mitglied Caio Koch-Weser von der Deutschen Bank nannte eine Größenordnung von mindestens 40 Dollar (etwa 32 Euro) pro Tonne Kohlendioxid. Auch Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sagt: „Grundsätzlich ist es richtig, CO2 zu bepreisen. Um von fossilen auf erneuerbare Energien umzusteigen, wären jedoch CO2-Preise von deutlich über 40 Dollar pro Tonne CO2 notwendig. Daher sollte der CO2-Preis nur ein flankierendes Instrument von Vielen sein. Insbesondere die Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz ist wichtig.“
CO2-Preis müsste steigen
Mit diesem Plädoyer greift die Globale Kommission auch in die Debatte um die Reform des europäischen Emissionshandels ein. Derzeit liegt der Preis pro Tonne Kohlendioxyd (CO2) bei sechs Dollar (rund 4,70 Euro). Der niedrige Preis ist ein Grund für den erneuten Anstieg des CO2-Ausstoßes, da es bei den aktuellen Brennstoffpreisen preiswerter ist, Braunkohle statt Erdgas zur Stromerzeugung einzusetzen – und hinterher Emissionszertifikate zu erwerben. Unter anderem Bundesumweltministerin Barbara Hendricks fordert deshalb, die Menge der CO2-Zertifikate im europäischen Handelssystem zu verknappen und dadurch zu verteuern.

„Die Einigung auf eine weltweit einheitliche Bepreisung von Treibhausgasen durch eine Kohlenstoff-Steuer wird von vielen Ökonomen als eher realisierbar angesehen als eine globale Begrenzung des Treibhausgasausstoßes durch ein weltweites Emissionshandelssystem“, sagt dazu Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. „Würde man sich zudem auf ein vorhersehbar ansteigendes Preissignal einigen, wie der Calderon-Bericht es vorschlägt, bestehen hohe Innovationsanreize. Entscheidend für den Erfolg ist aber, dass alle bedeutenden Emittenten mitmachen.“

„Eine Woche vor dem Klimagipfel des UN-Generalsekretärs in New York enthält der Bericht die richtige Botschaft zur richtigen Zeit“, kommentierte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. „Klimaschutz ist keine Schrumpfkur, sondern ein wichtiger und produktiver Baustein auf dem Weg in eine wirtschaftlich erfolgreiche und lebenswerte Zukunft.“

Weiterführende Informationen

Internetseite zum Bericht Better Growth, Better Climate

Globale Kommission für Wirtschaft und Klima

Pressemitteilung von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks