Europa auf 2030 vorbereiten

Eine Studie zur Arbeit der Nachhaltigkeitsräte in Europa kommt zu dem Ergebnis, dass die Gremien erheblich dazu beigetragen haben, nachhaltige Politik voranzubringen. Ihre künftigen Aufgaben im Zusammenhang mit den jüngst verabschiedeten Globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen würden allerdings wachsen. Es sei nötig, die europäische Architektur der mit Nachhaltigkeit befassten Institutionen zu reformieren und effektiver zu gestalten.

Die Studie „Die Rolle der nationalen Nachhaltigkeitsräte in Europa bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen“ untersucht die bisherige Arbeit der Räte in neun europäischen Staaten und zieht Rückschlüsse für die Zukunft. Initiiert hat diese Untersuchung der Generalsekretär des deutschen Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE), Günther Bachmann. Autor der Studie ist Michiel de Vries, Koordinator des Netzwerks der europäischen Umwelt-und Nachhaltigkeitsräte (EEAC).
Im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit sollte man auch eine Reform der nationalen Nachhaltigkeitsräte in Erwägung ziehen, sagt Marianne Beisheim von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Erstens gehe es darum, die Gremien so auszustatten, dass sie die nationalen Nachhaltigkeitsstrategien und ihre Umsetzungen wirksam begleiten könnten. Außerdem sei es ratsam, ihre Brückenfunktion in die Gesellschaft zu stärken, so Beisheim.
Deshalb plädiert sie dafür, weitere Stakeholder hinzuzuziehen. Beisheim: „Interessengruppen und Organisationen sollten beteiligt werden, um den repräsentativen Charakter der Räte auszubauen.“ In Bezug auf den deutschen Nachhaltigkeitsrat schlägt sie vor, ihn entweder durch ein stärker repräsentativ besetztes Dialogforum zu ergänzen, das beim Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung angedockt sein solle, oder den Rat künftig anders zu besetzen. Denkbar sei, es gesellschaftlichen Gruppen wie beispielsweise Umwelt-, Verbraucher- und Entwicklungsverbänden selbst zu überlassen, wen sie als Vertreter in den Rat schicken wollen.
Derek Osborn, Präsident des Stakeholder Forums, der in einem Namensbeitrag in der Studie zu Wort kommt, macht darin den Vorschlag, ein Europäisches Nachhaltigkeitsforum ins Leben zu rufen. Die in diesem regelmäßig tagenden Forum versammelten Stakeholder sollten an der Formulierung der europäischen Nachhaltigkeitsstrategie mitwirken und deren wirksame Umsetzung überprüfen. „Das Forum sollte offen und inklusiv sein und allen Interessierten eine konstruktive Auseinandersetzung mit den europäischen Institutionen ermöglichen“, so Osborn. Das Forum würde wesentlich gestärkt, wenn der deutsche Nachhaltigkeitsrat und die entsprechenden Organisationen der anderen Staaten als „Kern-Mitglieder“ teilnähmen.
Diese Position vertritt auch Brenda King, die Vorsitzende der Beobachtungstelle für Nachhaltige Entwicklung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA). „Wir sind überzeugt, dass die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die Umsetzung und Überwachung der Nachhaltigkeitsziele einen politischen Rahmen und eine Organisations- und Verfahrensstruktur erfordert“, so King. „Deshalb schlagen wir die Errichtung eines übergreifenden europäischen Forums für nachhaltige Entwicklung vor, in dem die Zivilgesellschaft mit den zuständigen politischen Entscheidungsträgern zusammentrifft.“
Eine Aufgabe des Forums bestünde darin, an der Formulierung der künftigen europäischen Nachhaltigkeitsstrategie zur Umsetzung der von den Vereinten Nationen beschlossenen Globalen Nachhaltigkeitsziele bis 2030 mitzuwirken. Ein solches Langfrist-Konzept, das die soziale, ökonomische und ökologische Entwicklung integrativ betrachtet, existiert bislang nicht. In ihrem kürzlich vorgestellten Arbeitsprogramm 2016 macht die EU-Kommission allerdings einen ersten Aufschlag. Darin heißt es, die Kommission wolle „nächste Schritte für eine nachhaltige europäische Zukunft“ ausarbeiten.
Die nationalen Nachhaltigkeitsräte und das Forum auf EU-Ebene müssten weitere wesentliche Funktionen übernehmen, sagt Andreas Versmann vom Sekretariat der EWSA-Beobachtungsstelle: „Neben der Mitwirkung an der Formulierung der EU-Strategie sollten die nationalen Räte und das Forum auch eine Wächterrolle ausfüllen und die Umsetzung kontrollieren.“ Außerdem gehe es darum, eine Brückenfunktion zwischen den politischen Institutionen und der organisierten Zivilgesellschaft wahrzunehmen, so Versmann. Denn ein so komplexes Vorhaben wie die Umsetzung der Strategie für 2030 lasse sich nicht allein von oben durchsetzen. Der Erfolg hänge von der Mitwirkung vieler gesellschaftlicher Gruppen ab.