Bundesregierung legt Reform für nachhaltigere Beschaffung vor

Das Bundeskabinett hat ein Eckpunktepapier vorgelegt, das den Einkauf von Waren und Dienstleistungen der öffentlichen Hand in Deutschland neu regeln soll. Unter anderem können Bund, Länder und Kommunen künftig bestimmte Labels als Mindeststandards etwa für Uniformen, Elektrogeräte oder Nahrungsmittel fordern.

Im vergangenen Jahr hat die Europäische Union (EU) eine Richtlinie verabschiedet, die das öffentliche Beschaffungswesen in Europa neu regelt. Nun macht sich Deutschland an die Umsetzung. Aus dem nun vorgelegten Eckpunktepapier soll bis April 2016 ein Gesetz verabschiedet werden und in Kraft treten. „Unter Beachtung des Ziels der wirtschaftlichen Beschaffung sollen, wo möglich, soziale, ökologische und innovative Aspekte bei der öffentlichen Beschaffung stärker Berücksichtigung finden“, heißt es in dem Papier.

Allein in Deutschland beläuft sich das Auftragsvolumen der öffentlichen Hand laut Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf 300 Milliarden Euro im Jahr. Allerdings wird die genaue Höhe der Beschaffungen von Bund, Ländern und Kommunen bisher nirgends addiert und genau erfasst – auch das soll das neue Gesetz ändern.

Grundsätzlich gilt nach wie vor, dass Firmen den Zuschlag erhalten, die einer öffentlichen Stelle das wirtschaftlichste Angebot im Zuge einer Ausschreibung vorlegen. Bei der Anschaffung von Fahrzeugen wären das nicht nur der Einkaufspreis, sondern auch Kosten durch Kraftstoffverbrauch, Wartung oder Entsorgung.

Anforderungen werden differenzierter

Künftig sollen öffentliche Auftraggeber, so heißt es in dem Eckpunktepapier, nun auch pauschal fordern können, dass Produkte mit bestimmten, anerkannten Labels ausgezeichnet sind. Auch sollen Auftragnehmer, etwa bei Bauaufträgen oder Wachdiensten, sich künftig an Tarif- oder Mindestlöhne halten müssen. Zahlreiche Bundesländer haben bereits entsprechende Regeln erlassen.

„Die Veränderung unseres Einkaufsverhaltens und die Stärkung von nachhaltigen Konsummustern ist eine weltweit dringliche Aufgabe“, so Günther Bachmann für den Nachhaltigkeitsrat. „Während sich unsere Informationshilfe „Der nachhaltige Warenkorb“ an die Konsumenten wendet, so muss die öffentliche Hand als größter deutscher Konsument endlich die Rahmenbedingungen so setzen, dass auf Einsicht auch wirkliches Handeln folgen kann“. Auch der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung (PBNE) mahnt schon lange ein neues Vergaberecht an.

„Im Vergabewesen besteht bei der Aufnahme von Nachhaltigkeitskriterien in die Ausschreibung für Produkte und Dienstleistungen häufig Rechtsunsicherheit“, schrieb der PBNE im Dezember in einer Stellungnahme. Hintergrund: Firmen, die sich bei Ausschreibung wegen zu hoher Auflagen benachteiligt fühlen, können klagen, wenn sie bei der Vergabe leer ausgehen.

Bereits seit dem Jahr 2010 arbeiten Bund, Länder und Kommunen deshalb in der Allianz für nachhaltige Beschaffung zusammen. Das Bundesinnenministerium berät und schult in der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung Mitarbeiter der etwa 30.000 öffentlichen Beschaffungsstellen in Deutschland zu dem Thema.

Kritik vom BDI, Lob von Transparency

Das Eckpunktepapier stößt bisher auf ein geteiltes Echo. Der Bundesverband der Deutschen Industrie etwa kritisiert, dass es nach wie vor spezifische Regelungen zur Beschaffung in einzelnen Bundesländern gebe – was besonders Kleine- und Mittelständische Unternehmen überfordere.

Zwar seien soziale, ökologische und innovative Aspekte ein „grundsätzlich begrüßenswertes politisches Ziel“. Allerdings solle dies nicht nur über das Vergaberecht erreicht werden. „Sollen beispielsweise Sozialstandards erhöht werden, sollte dies im Wege der allgemeinen Sozialgesetzgebung erfolgen, nicht aber über den Umweg des öffentlichen Auftragswesens“, fordert der Industrieverband.

Transparency International dagegen begrüßt den Vorschlag. Die Organisation, die sich gegen Korruption und für mehr Transparenz in der Wirtschaft einsetzt, fordert schon lange ein bundesweites Register von korrupten Firmen, damit diese nicht von öffentlichen Aufträgen profitieren. Das sieht das Gesetz nun vor.

„Seit mehr als zehn Jahren wird nun auf Bundesebene über die Einführung eines solchen Registers für unzuverlässige Unternehmen diskutiert. Nach mehreren gescheiterten Vorstößen ist es daher erfreulich, dass es hier endlich eine ernstzunehmende Initiative gibt“, teilte Christian Lantermann, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, mit.

Weiterführende Informationen
Eckpunktepapier Vergaberecht [pdf, 57,7 KB]

Nachhaltiger Warenkorb des Nachhaltigkeitsrates

Allianz für nachhaltige Beschaffung

Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung

Stellungnahme des BDI

Stellungnahme von Transparency