Biomasse soll nachhaltiger werden

Mit dem Bau neuer Biogasanlagen und Holzheizkraftwerke steigt auch der Bedarf an Biomasse. Die EU-Kommission will deshalb Nachhaltigkeitskriterien für die Brennstoffe erlassen. Doch an einem ersten Entwurf einer Brüsseler Richtlinie entzündet sich Kritik von Umweltverbänden.
Im Oktober 2012 kündigte die EU-Kommission eine einschneidende Korrektur ihrer Biomasse-Politik an. Sie legte zunächst einen Vorschlag für eine Richtlinie zu Nachhaltigkeitskriterien für flüssige Biomasse vor. Demnach sollen bis 2020 nur noch fünf statt zehn Prozent von Pflanzentreibstoffen eingesetzt werden, die unmittelbar aus Pflanzen oder Tieren gewonnen werden (Biomasse der ersten Generation). Die andere Hälfte soll aus Reststoffen der industriellen Produktion (zweite Generation) oder erstmals genutzter und entsorgter Biomasse (dritte Generation) stammen. Zudem soll die Klimabilanz des Biosprits verbessert werden.

Analoge Regelungen plant die Generaldirektion Energie nun auch für feste und gasförmige Biomasse. Betroffen wären zum Beispiel Holzpellets, die in Heizkraftwerken verbrannt werden, und Mais, der in Biogasanlagen zur Stromgewinnung genutzt wird. Das Nachrichtenportal ENDSEurope veröffentlichte einen Richtlinienentwurf, der nun zwischen den Ressorts der Kommission abgestimmt werde.

Demnach soll feste und gasförmige Biomasse gegenüber fossilen Brennstoffen künftig mindestens 60 Prozent Treibhausgase einsparen. Komplett von der energetischen Nutzung ausgeschlossen wird primäre Biomasse aus Flächen mit hoher Biodiversität, nämlich Urwäldern, Schutzgebieten und artenreichem Grasland. Tabu sein wird zudem primäre Biomasse aus natürlichen Kohlenstoffsenken wie Feuchtgebieten. Gelten sollen die Vorschriften für Anlagen ab einer elektrischen Leistung von einem Megawatt (MW) oder 2,5 MW thermischer Leistung.

Viele Anlagen werden nicht erfasst

Damit werde aber der Großteil der installierten Anlagen von den Vorschriften gar nicht erfasst, bemängelt Florian Schöne vom Naturschutzbund Nabu. Ein Indiz für diese Vermutung ist die durchschnittliche Größe deutscher Biomasseanlagen: Sie betrug 2011 0,4 MW elektrisch und 4,9 MW thermisch, wobei zu thermischen Anlagen auch kleine Kamine in Wohngebäuden gehören.

Die Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Die Strommenge aus Pflanzen hat sich seit 1990 mehr als verhundertfacht, die Wärmebereitstellung hat sich vervierfacht. „Die Kapazitätsgrenze des in Deutschland verfügbaren Holzes ist erreicht“, warnte Anfang 2013 die Arbeitsgemeinschaft der Rohholzverbraucher. Die „Vermaisung“ der Landschaft ist inzwischen sprichwörtlich geworden.

Wenn in Deutschland Anbaufläche für Nahrungs- und Futtermittel verlorengeht, steige beispielsweise der Import von Soja, für den möglicherweise Wälder gerodet werden, erklärt Schöne. Diese indirekte Landnutzungsänderung (ILUC) wird in dem Richtlinienentwurf für Nachhaltigkeitskriterien aber nicht berücksichtigt.

Die Generaldirektion Energie will den veröffentlichten Richtlinienentwurf nicht kommentieren. Eine Sprecherin erklärte lediglich, die Kommission strebe bis Ende des Jahres eine Veröffentlichung an.

Weiterführende Informationen

Entwurf der Generaldirektion Energie zu einer Nachhaltigkeitsrichtlinie für feste und gasförmige Biomasse, veröffentlicht durch den Nachrichtendienst ENDSEurope [PDF, 19 MB]

Kommentar zum Richtlinienentwurf von Birdlife Europe [PDF, 32 kB]

Empfehlungen der EU-Kommission zu Nachhaltigkeitskriterien für feste und gasförmige Biomasse vom 25.2.2010

PM der EU-Kommission zur geplanten Nachhaltigkeitsrichtlinie für flüssige Biokraftstoffe vom 17.10.2012