Nachhaltige Entwicklung braucht fiskalische Instrumente

Nachhaltigkeit ist längst ein Maßstab, der auch bei finanzpolitischen Entscheidungen gilt. Experten bescheinigen der Politik ein zufriedenstellendes Zeugnis. Allerdings setzen die derzeitigen guten wirtschaftlichen Bedingungen die Entscheider kaum unter Druck. Herausforderungen der kommenden Jahre sind der demografische Wandel, die Energiewende oder die Zuwanderung.

Um wirtschaftliches Wachstum, Umwelt- und Klimaschutz sowie ein gerechtes Sozialsystem dauerhaft zu gewährleisten, setzt die Bundesregierung auf eine stabile Haushaltspolitik. „Wenn wir als Staat handlungsfähig bleiben und die Zukunft unseres Landes nachhaltig gestalten wollen, brauchen wir solide Finanzen“, sagte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) Anfang Januar bei einer Sitzung des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung.
Der CDU-Politiker betonte in diesem Zusammenhang nicht nur die Bedeutung des Schuldenabbaus, sondern die Entscheidung darüber, welche Ausgaben gemacht werden und wie Einnahmen gesteigert werden können. „Am Ende geht es darum, dass wir unsere knappen Mittel in Maßnahmen lenken, mit denen wir insbesondere künftigen Generationen Chancen eröffnen und keine zusätzlichen Lasten aufbürden“, sagte Altmaier. 2002 wurde die nationale Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen.
Im Staatssekretärsausschuss laufen die einzelnen Fäden der Nachhaltigkeitsstrategie zusammen und werden mit Experten aus Gesellschaft, Wissenschaft oder Wirtschaft diskutiert. In dem Gremium sind alle Ministerien vertreten. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung und der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung sind regelmäßig als Gäste eingeladen.

Alternde Gesellschaft auf finanzpolitischer Agenda

Nicht nur aktuelle Herausforderungen müssen in den Finanzplänen berücksichtigt werden, sondern auch langfristige Probleme und Risiken. Einmal pro Legislaturperiode berichtet das Bundesfinanzministerium über die sogenannte Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Teil des Berichts sind Berechnungen, die von externen Wissenschaftlern angestellt werden. Simuliert werden Szenarien bis zum Jahr 2060.
Eines der drängendsten Probleme ist die demografische Entwicklung und deren Risiken für die öffentlichen Finanzen. „Mit Blick auf die Alterungsstruktur müssen wir künftig vorsichtiger agieren“, sagt Eckhard Janeba, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Mannheim. Dies gilt etwa für die Sicherung der Renten auf lange Sicht. Der Wissenschaftler nahm als Experte an der Januar-Sitzung des Staatssekretärsausschusses teil.
„Wir haben derzeit sprudelnde Steuereinnahmen, wir haben Rücklagen in der gesetzlichen Rentenversicherung, daher ist es kurzfristig möglich, Mehrausgaben abzudecken“, sagt der Wissenschaftler. „Die Frage ist, auf welche Hürden wir langfristig stoßen, vor allem dann, wenn die wirtschaftliche Lage nicht mehr so rosig ist.“
Welche Auswirkungen die Alterung der Gesellschaft auf die Tragfähigkeit der Finanzen hat, zeigte bereits eine Zwischenaktualisierung des entsprechenden Berichts des Ministeriums.
Demnach liegt die Tragfähigkeitslücke in einer Spannbreite von 0,6 Prozent bis 3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bereits ab 2025 sollen die Risiken für die öffentlichen Haushalte aufgrund der demografischen Entwicklung sichtbar werden. Der Staatssekretärsauschuss setzt auch künftig auf die Ergebnisse der Tragfähigkeitsberichte.
Geplant ist zudem ein Workshop, um der Frage nachzugehen, vor welchen Herausforderungen die Finanz- und Haushaltspolitik mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung steht.

Stärkere Prioritätensetzung gefordert

Aber es ist nicht nur der demografische Wandel, der bei den Haushältern ganz oben auf der Agenda steht. „Die Finanzierung und Umsetzung der Energiewende ist nach wie vor ein ungelöstes Problem“, sagt Janeba. Das Spannungsfeld zwischen dem flexiblen Einsatz regenerativer Energieträger und anderer Energielieferanten bestehe noch immer. Auch beim Thema Zuwanderung wünscht sich Janeba konkretere Angaben der Bundesregierung über die Kosten, die auf Bund, Länder und Kommunen zukommen werden.
Wo der Staat Geld hineinsteckt, ist letztlich eine politische Entscheidung. Der Wirtschaftsexperte spricht sich insbesondere für Investitionen in den Bildungssektor, die Integration der Flüchtlinge und ebenso in die Infrastruktur aus. „Die meisten Regierungsvertreter haben die Nachhaltigkeit der Finanzen im Blick.
Aber häufig gibt es zu viele Ziele, die miteinander konkurrieren“, sagt Janeba. Wirtschaftswachstum begünstige natürlich, dass die existierende Verschuldung leichter zu tragen sei. „Zugleich hat Wachstum auch eine ökologische Dimension, die tendenziell dagegen steht.“ Janeba plädiert für eine stärkere Prioritätensetzung.
Insgesamt sieht der Wirtschaftswissenschaftler und Vorsitzende des Unabhängigen Beirats Stabilität die Bundesregierung aber gut gerüstet. Die derzeitig sehr gute wirtschaftliche Lage begünstige die finanzpolitischen Entscheidungen der Bundesregierung.
Dazu zählten etwa niedrige Zinsen, geringe Euro-Wechselkurse oder der niedrige Ölpreis. „Unter diesen Umständen ist es nicht schwer, eine solche stabile wirtschaftliche Lage zu erreichen“, sagt Janeba. „Der Test wird erst dann kommen, wenn die äußeren Umstände nicht mehr so gut sind.“ Das System müsse sich auch in schwierigeren Zeiten beweisen. „Mit der Schwarzen Null allein ist es nicht getan.“