Auf der Zielgeraden zu mehr Nachhaltigkeit

Ökostrom, Mehrweg, soziales Engagement – Vereine, Sportlerinnen und Sportler sowie ihre Fans können einiges für die nachhaltige Entwicklung tun. Das zeigt die Kampagne „Ziele brauchen Taten – Sport im Westen“ von RENN.west. Unter den Vorreitern: prominente Fußballclubs

Die Deutschen Sportanlagen verursachen jedes Jahr rund 7,5 Millionen Tonnen des klimaschädlichen CO2 – und damit eine Menge wie sechs Großstädte. Das erklärt der Deutsche Olympische Sportbund, die Dachorganisation des deutschen Sports. In der ersten und zweiten deutschen Fußballbundesliga wurden allein in der Saison 2018/19 mehr als neun Millionen Einwegbecher verbraucht, rechnet die Deutsche Umwelthilfe vor. Jungen sind europaweit viel öfter in Sportvereinen aktiv als Mädchen, so eine Studie des Projektes IcoachKids+. Aber: Das geht auch anders, besser.

Darauf macht die Kampagne „Ziele brauchen Taten – Sport im Westen“ aufmerksam. Gemeint sind die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030, die sich die Weltgemeinschaft im Jahr 2015 gesetzt hat. RENN.west, eine der vier Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien (RENN) in Deutschland, hat die Kampagne ins Leben gerufen. Diese Netzstellen unterstützen all jene, die Lösungen für die Zukunft voranbringen wollen. Am Anfang steht dabei die Information. RENN.west hat 17 bekannte und weniger bekannte Sportlerinnen und Sportler gewonnen, die in kurzen Videobotschaften auf jeweils eins der 17 Ziele aufmerksam machen. Darunter: Boxerin Regina Halmich.

Boxen für die Frauenrechte

Halmich ist zu sehen, wie sie in den Ring steigt und dann fragt: „Weißt Du den Unterschied zwischen einem Kampf im Ring und einem Kampf zuhause?“ Sie gibt auch gleich die Antwort: „Beim Kampf zuhause gibt es keine Regeln.“ Ungefähr jede sechste Frau erlebe in einer Partnerschaft körperliche oder sexuelle Gewalt. Am Ende sagt Halmich: „Gemeinsam mit Dir möchte ich für die Rechte der Frau kämpfen, um mehr Geschlechtergleichstellung zu erreichen“ – entsprechend Ziel 5 der 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele.

Auch die anderen „Gesichter der Nachhaltigkeit“ sind bei ihrem Sport zu sehen. Der Aufbau der Videobotschaften, die über Social Media jede und jeder verbreiten kann, ist immer gleich: eine Frage, die Antwort, erklärende Sätze, am Ende ein Aufruf. So krault Schwimmerin Britta Steffen eine Bahn und fragt: „Weißt Du was ein Seepferdchen im Meer von einem Seepferdchen im Schwimmbecken unterscheidet?“ Steffen spielt auf die Vermüllung der Meere an, sie steht für das Nachhaltigkeitsziel 14 „Leben unter Wasser“.

Die Promis hätten nicht gezögert mitzumachen, sagt Mona Rybicki, Mitarbeiterin der LAG 21 NRW, die die Kampagne leitet. Im Gegenteil: „Die meisten haben gesagt, sie fänden es super, etwas machen zu können, denn eigentlich beschäftige sie schon lange, wie sich Zukunft gestalten lasse.“ Zehnkämpfer Frank Busemann ruft zum Kampf gegen den Hunger auf, Tischtennisspieler Holger Nikels, der im Rollstuhl sitzt, motiviert zum Klimaschutz. Und viele mehr. Rybicki meint: „Wir haben einen Nerv getroffen.“

Sportlerinnen und Sportler selbst sind zum Beispiel vom Klimawandel betroffen, müssen sich fragen, wie sie sich wappnen können, etwa gegen Hitze. Müssen Sportanlagen also stärker begrünt und so schattiger werden? Sollen Trainingszeiten umgelegt, Spender für Sonnencreme aufgestellt werden? Empfehlungen dazu gibt es viele. Aber das ist nicht alles. Vereine, auch Sportbegeisterte suchen längst nach Ideen, wie sie nicht nur klimafreundlicher, sondern ökologischer, inklusiver werden können – insgesamt nachhaltiger. In Deutschland gibt es rund 90.000 Turn- und Sportvereine mit 27 Millionen Mitgliedern, die viel bewegen können. „Es passiert auch schon viel, aber im Hinblick auf die gesellschaftlichen Herausforderungen noch nicht genug“, sagt Rybicki.

Gemeinwohlklausel im Fußball

Fußballvereine wie Werder Bremen, VfB Stuttgart oder TSG Hoffenheim beziehen beispielsweise Ökostrom und haben Photovoltaikanlagen. Als Meister der Nachhaltigkeit unter den deutschen Profivereinen gilt jedoch der VfL Wolfsburg. Unter anderem hat er Einwegbecher verbannt und auf Mehrweg umgestellt. Er hat die Klimaschutzvereinbarung „Sports for Climate Action“ unterzeichnet. Und er hat sich zur „Race to Zero“ – Initiative der Vereinten Nationen bekannt.

Es sind Beispiele, die zeigen was möglich ist. Mit der Kampagne sollen sie nun bekannter werden. Nach und nach werden Vorreiter vorgestellt, auch Hintergrundinformationen veröffentlicht. Bis Ende August 2021 erscheinen zudem regelmäßig Interviews, die der Sportjournalist und Stadionsprecher Arnd Zeigler unter dem Motto: „Leidenschaft trifft Haltung“ führt. Es geht immer um deren Erfahrungen und Einschätzungen, wie sich Nachhaltigkeit gut in der Welt des Sports verankern lässt.

Jan Lehmann, kaufmännischer Vorstand des 1. FSV Mainz 05, etwa meint, dass die Bundesliga bis 2030 klimaneutral werden kann. Andreas Rettig, der Vorsitzende der Geschäftsführung vom FC Viktoria Köln, erklärt die Gemeinwohl-Klausel, mit der das soziale Engagement der Spieler – egal ob Blutspenden, die Betreuung älterer Menschen oder Besuche in Kinderheimen und Kitas – in seinem Verein verbindlich geregelt wird. Er ist überzeugt: „Nachhaltigkeit ist wie Nachwuchspflege – man investiert in die Zukunft!“

RENN.west lädt am 4. Oktober 2021 alle Interessierten zur Zukunftskonferenz ein, um gemeinsam weitere Ideen zu entwickeln, wie Sport nachhaltig werden kann. Denn im Team die Zukunft anzupacken, sich austauschen und zu vernetzen, das ist das große Ziel der Kampagne.

Mehr Informationen zur Kampagne „Ziele brauchen Taten“ finden sie auf der Website sowie in den sozialen Medien auf Facebook, Twitter und Instagram.