„Wir müssen aus einem Baum einen Wald werden lassen“

Vom 21. bis 23. November hatte der Rat für Nachhaltige Entwicklung erstmalig zum „Open SDGclub.Berlin“ eingeladen. Auf der internationalen Konferenz tauschten sich Teilnehmende aus 32 Ländern über ihre ersten Erfahrungen mit der Umsetzung der Agenda 2030 der UN aus – und nahmen viele neue Ideen mit nach Hause.

Wir müssen bereit sein, uns selbst zu überraschen“, sagte RNE-Generalsekretär Günther Bachmann, bevor er den pen SDGclub.Berlin vergangenen Montag in Berlin eröffnete. Cletus Springer von der Organization of American States nahm ihn und die 84 Teilnehmenden am letzten Tag beim Wort und stimmte Louis Armstrongs What a wonderful World an.

Es war einer der emotionalen Höhepunkte der internationalen Konferenz, die der RNE erstmalig veranstaltete und dafür die Gäste aus 32 Ländern zu einem intensiven Austausch über die bisherigen Erfahrungen mit der Agenda 2030 nach Berlin eingeladen hatte. Wo steht die Nachhaltigkeitspolitik weltweit, wie lässt sich die eigene Wirkungskraft vergrößern? Das waren die zentralen Fragen, denen sich die Teilnehmenden stellten.

Chemische Reaktion zwischen den Gästen

Für Cletus Springer sei es ein „Abenteuer“ gewesen, das zu einer chemischen Reaktion zwischen den Teilnehmenden geführt habe, auch wenn am Ende bei seinem Song nicht alle textsicher gewesen seien. Alle, die beim OpenSGDclub.Berlin dabei waren, eint eines: Sie engagieren sich in ihren Heimatländern für mehr Nachhaltigkeit und machen das zu einem gesellschaftlichen Anliegen, mit dem Ziel, möglichst viele Menschen zu erreichen und möglichst viele teilhaben zu lassen.

„Die Bürgerinnen und Bürger haben eigene Narrative zu den globalen Nachhaltigkeitszielen. Sie spüren die Auswirkungen in ihrem eigenen Leben. Sie müssen nicht motiviert werden, um sich dafür einzusetzen. Wir müssen auf diese Menschen zugehen”, sagte Namhla Mniki-Mangaliso vom African Monitor in Südafrika. Vom Open SDGclub.Berlin versprach sie sich unter anderem “echte, praktische Lösungen, durch die ganz normale, arme Bürgerinnen und Bürger von den SDGs profitieren”. Ihr sei es wichtig, dass es nicht nur darum geht, “Systeme zu schaffen und mit Regierungen zu reden, sondern um echten Wandel auf lokaler Ebene”.

Der erste Open SDGclub.Berlin sollte daher vor allem, „Vertrauen herstellen, den Austausch und den Dialog weltweit anstoßen und über die Welt verbreiten“, sagte Jan-Gustav Strandenaes vom Stakeholder Forum and Pure Consultancy in Norwegen bei der Vorstellung einer während des OpenSDGclub.Berlin erarbeiteten Roadmap einen Zehn-Punkte-Plan ausgearbeitet hat. „Wir müssen aus einem Baum einen Wald werden lassen“, sagte John Patrick Ngoyi von der Justice, Development and Peace Commission (JDPC), Ijebu-Ode aus Nigeria.

Oder wie es Philippe Jahshan von Conseil économique, social et environnemental aus Frankreich ausdrückte: „Wir haben alle keine Patentrezepte, wir alle betreten Neuland und sind deshalb gezwungen, voneinander zu lernen.” Dabei sei es am wichtigsten, all die Ideen und Initiativen, die schon das Licht der Welt erblickt hätten, miteinander zu verbinden, sagte Philipp Schönrock von Cepei in Kolumbien. Er selbst werde mit gutem Beispiel vorangehen und hat mit Stephen Chacha von der Africa Philanthropic Foundation aus Tansania vereinbart, in einen kontinuierlichen Austausch zu treten.

Das sei eines der wichtigsten Ziele des OpenSDGclub.Berlin gewesen, sagte auch Allesandra Nilo von der brasilianischen NGO Gestos: „Er hat uns Menschen aus ganz verschiedenen Teilen der Welt zusammengebracht, und wir haben gemeinsam überlegt, was wir besser machen können, wie wir Innovationen schaffen und wie wir Dinge anders angehen können.” Hanna Hansson von Concord Sweden erläuterte, warum der Austausch und die Inspiration so wichtig sind: “Manchmal fährt man sich ein bisschen fest, wenn man immer nur in seinem eigenen nationalen Kontext arbeitet.”

Und so entstanden in diesen drei Tagen unzählige Ideen und bilaterale Vorhaben. Unter anderem diskutierten die Teilnehmenden, ob sie sich für einen gleichzeitig stattfindenden Tag der Parlamentsdebatten rund um das Thema Nachhaltigkeit einsetzen sollen. Es ging um Nachhaltigkeitsbildung an den Schulen oder darum, eine gemeinsame Kommunikationsstrategie für die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erarbeiten. Auffällig war das Interesse am Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) des RNE, der die Transformation in eine nachhaltige Wirtschaft fördern soll – für Bachmann eine Art “Open Source”-Code, der andere Länder inspirieren kann.

„Wir haben in diesen drei Tagen die Saat gelegt, und nun hoffen wir, dass sie weltweit Wurzeln schlägt“, sagte Bachmann. Das sei genau das, was eine solche Konferenz leisten könne.

Der Zeitpunkt für den Open SDGclub.Berlin war gut gewählt: Viele Teilnehmende sagten, dass sie internationale Vernetzung für dringend geboten hielten – gerade in politisch instabilen Zeiten, in denen Klimaschutz in Frage gestellt werde und in denen die Staaten ihren Pflichten bei der Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele nur zögernd nachkämen.

OpenSDGclub 2018 wieder in Berlin

Immer wieder kamen verschiedene Teilnehmende des OpenSDGclub.Berlin auf ihre Hoffnung zurück, es werde sich dabei nicht nur um eine einmalige Veranstaltung handeln; sie wollen den Austausch, den sie in Berlin begonnen haben, weiterführen und ausbauen. Häufig wurde angeregt, ähnliche OpenSDGclubs in anderen Ländern durchzuführen.

Und so hatte Günther Bachmann am Ende auch noch eine Überraschung parat, als er verkündete, dass es 2018 in Berlin auf jeden Fall eine Fortsetzung geben werde: „Die Umsetzung der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele gelingt nun mal nicht als Projekt verschworener Eliten, sondern nur, wenn wir die Nachhaltigkeitsdebatte bei den Menschen erden, neue Allianzen schmieden, das Denken und Handeln zwischen den ‘Silos’ von Staat, Wirtschaft und kritischer Öffentlichkeit kreativ besetzen.“

„Wir müssen diese Dynamik beibehalten“, forderte auch Jan-Gustav Strandenaes. Dabei sollten vor allem die jungen Menschen nicht vergessen werden, denn viele hätten gerade jetzt Angst vor der Zukunft. Eine Idee der diesjährigen Veranstaltung liege ihm deshalb ganz besonders am Herzen. „Ich fände es schön, wenn jeder von uns in zwei Jahren einen jungen Menschen mitbrächte.“

Eine weitere Hoffnung formulierte Namhla Mniki-Mangaliso vom African Monitor in Südafrika: “Wenn die Regierungen merken, dass wir anfangen miteinander zu reden und uns quer über den Globus vernetzen, wird sie das vielleicht inspirieren, ebenfalls gemeinsam besser zu handeln.”