Was Geflüchteten hilft, einen Job zu bekommen

Die Initiative FairWelcome unterstützt geflüchtete Menschen, eine Stelle auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu finden. Vom Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung wurde sie dafür ausgezeichnet.

Parham D. Afshar ist Psychologe. Er hat Manager gecoacht, große Konzerne in Personalfragen beraten, Karriere gemacht. Doch dann ist er ausgestiegen. Das war vor gut zwei Jahren. Er wollte, so sagt der 46-Jährige heute, „etwas Sinnvolles machen“. Seither baut der gebürtige Münchener zusammen mit zwei weiteren Psychologen in Berlin FairWelcome auf. Ein großer Teil ihrer Arbeit ist dabei ehrenamtlich. 
FairWelcome ist eine Initiative, die geflüchteten Menschen hilft, in Deutschland ein Praktikum, eine Ausbildung oder einen Job zu finden. Sie zeigt, dass eine kleine Gruppe von Engagierten große Erfolge haben kann, aber auch, wo noch Hürden überwunden werden müssen, um Neuankömmlingen das Einleben in Deutschland zu erleichtern.
Unabhängigkeit statt Wartemodus
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) hat FairWelcome das Siegel Werkstatt N verliehen, hält es also im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft für besonders zukunftsweisend. Sabine Gerhardt, beim RNE für das der Werkstatt N nachfolgende Projekt Nachhaltigkeit zuständig, erklärt: „Diese Unterstützung reißt die Geflüchteten aus dem Wartemodus, schenkt ihnen neue Unabhängigkeit und führt sie zurück ins aktive Leben.“
Viele Geflüchtete kommen ohne Lebenslauf und Zeugnis. Darum fängt bei FairWelcome alles mit einem eintägigen Workshop an, in dem Fragen behandelt werden wie: Wie läuft eine Ausbildung in Deutschland ab? Wie sieht der Berufswunsch aus? Und: Welches deutsche Wort beschreibt den eigenen Job am besten? Zwar kann am Workshop nur teilnehmen, wer in deutscher Sprache die gängigen Worte für den Alltag versteht. Aber wer kennt schon Vokabeln wie Rezeptionist? Logisches Denken wird auch geprüft. Dann erstellt das FairWelcome-Team ein Gutachten über Motivation, Potenziale und Fähigkeiten.
„So haben wir bisher gut 100 Geflüchteten ein Papier an die Hand gegeben“, sagt Afshar. Darunter: Altenpfleger und Apotheker, Banker und Computerspezialisten, Handwerker und Ingenieure, Verkäufer und Werber. Auf dem Arbeitsmarkt kommt das an.
Gut 60 Leute, die den FairWelcome Workshop mitgemacht haben, fanden einen Praktikumsplatz, viele von ihnen dann auch einen Ausbildungsplatz oder eine Festanstellung. Vier arbeiten jetzt zum Beispiel als Verkäufer und Verkäuferinnen in Supermärkten, zwei im Hotelgewerbe, einer als Softwarespezialist.
Suche nach verborgenen Potenzialen
Hinter dem Erfolg steckt ein großes Netzwerk. Afshar hat es in den vergangenen Monaten peu à peu aufgebaut. Inzwischen arbeitet er mit 70 Unternehmen zusammen. Namhafte Konzerne wie Rewe sind dabei. Und die Handelskette Real unterstützt FairWelcome, seit Mitte 2016 ein gemeinnütziger Verein, jeden Monat auch finanziell – mit 500 Euro.
Afshar kooperiert darüber hinaus mit Vertretern der Wirtschaft, dem Handelsverband Berlin-Brandenburg. Die Erfahrungen seien „durchweg positiv“, sagt dessen Geschäftsführer Nils Busch-Petersen. „Zum einen wollen viele Unternehmer etwas für die Integration von Flüchtlingen tun, zum anderen gucken sie nach jungen Kräften und verborgenen Potenzialen.“ Er schätzt die Arbeit der Psychologen.
Einfach ist die oft nicht. Ein Beispiel: Ein Syrer aus Aleppo brach sein Praktikum am zweiten Tag wieder ab. Er war ausgebildeter Ingenieur, sollte aber die Fabrikhalle fegen und Maschinen reinigen. Nach zwei Tagen haute er wieder ab. Afshar sagt: „Für ihn war das eine Erniedrigung, er konnte sie nicht einfach wegstecken. Die Psyche der Geflüchteten ist oft nicht so stark. Häufig sind sie traumatisiert.“ FairWelcome könne dann „nur den Kontakt zu entsprechenden psychosozialen Beratungsstellen herstellen".
Anderes Beispiel: Ein Schneider ist spezialisiert auf Hochzeitskleider. Afhsar sucht nach einer entsprechenden Firma in Berlin. Tatsächlich findet er eine, die eine Stelle frei hat. Doch die will dann nur eine Frau. Um einem iranischen Börsenhändler, der in Berlin lebt, eine Stelle zu vermitteln, schaute Afhsar sich extra auch in Frankfurt und in Düsseldorf um. Doch es gibt – nichts. „Es muss halt passen“, sagt Afshar. Und: „Je qualifizierter, desto schwieriger ist es den adäquaten Berufseinstieg zu finden.“
"Kraftakt mit viel Papierkram"
Eine noch größere Hürde sieht Afshar allerdings in der oft langwierigen Bearbeitung von Asylanträgen. Geflüchtete, deren Asylantrag noch nicht anerkannt ist, müssen eine extra Arbeitserlaubnis beantragen. Das dauere mindestens sechs Wochen, manchmal sogar drei Monate, erklärt Afshar, das sei ein „Kraftakt mit viel Papierkram". Oft wollten die Firmen die Stellen nicht so lange unbesetzt lassen. „Bräuchte es die Erlaubnis nicht, könnten wir noch mehr Geflüchtete unterbringen.“
Der dreimonatige Bewerbungszeitraum für den Wettbewerb „Projekt Nachhaltigkeit“ (vormals Werkstatt N) startet in diesem Jahr voraussichtlich wieder am 1. August 2017. Bewerben können  sich Interessierte dann ganz einfach über ein Bewerbungsformular auf der Seite tatenfuermorgen.de, das dann freigeschaltet wird.