EU will Plastikmüll reduzieren

Das Europäische Parlament (EP) hat erstmals verbindliche Vorschriften zur Verringerung von Plastikabfällen verabschiedet. Dazu sollen die Mitgliedsländer den Verbrauch von Plastiktüten in den kommenden zehn Jahren deutlich verringern. Bundeskanzlerin Angela Merkel will einen G7-Aktionsplan gegen die Meeresverschmutzung durch Plastikmüll initiieren.

In der vierzigjährigen Geschichte des europäischen Abfallrechts hat das EU-Parlament erstmals feste Regeln verabschiedet, durch die das Plastikmüllaufkommen spürbar vermindert werden soll. Die Mitgliedsstaaten haben die Wahl zwischen zwei Wegen: Sie können entweder den durchschnittlichen jährlichen Verbrauch an Kunststofftragetaschen pro Person bis 2019 auf 90 Stück und folgend bis 2025 auf 40 Stück begrenzen.

Oder sie stellen sicher, dass Plastiktüten spätestens Ende 2018 nicht mehr kostenfrei vom Handel abgegeben werden. Zur Einordnung: Im Jahr 2010 verbrauchte jeder EU-Bürger laut EP noch 198 Plastiktüten. 100 Milliarden Plastiktüten wurden allein in Europa 2010 in Umlauf gebracht. Mit dem Beschluss des Parlaments steht nun auch Deutschland vor der Frage, welcher der beiden möglichen Wege eingeschlagen werden soll.

Umweltbundesamt für Tütenabgabe

Das Umweltbundesamt plädiert für den irischen Weg einer Abgabe auf Plastiktüten, der dazu geführt hat, dass auf der grünen Insel der Pro-Kopf-Verbrauch an Kunststofftüten der niedrigste Europas ist. Seit 2002 bezahlen irische Konsumenten 44 Cent pro Plastiktüte.

Von einem Ende der bequemen Wegwerfkultur ist man im übrigen Europa noch weit entfernt. Mittelfristig sei ein EU-weites Verbot von Mikroplastik-Partikeln in Alltagsgegenständen allerdings nicht auszuschließen, betont Umweltministerin Barbara Hendricks. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Schutz der Ozeane vor dem Plastikmüll zur Chefsache erkoren. Die Meere seien mittlerweile zur „Größten Mülldeponie der Welt verkommen“, sagt die Regierungschefin. Auf einer Wissenschaftskonferenz kündigte Merkel an, dass sie sich für einen Aktionsplan der G7 zum Schutz der Meere einsetzen werde.

Plastikteppiche auf dem Meer

Einer im Magazin Science veröffentlichten Studie zufolge landeten 2010 zwischen 4,8 Millionen und 12,7 Millionen Tonnen Plastik als Abfall im Meer. Insgesamt haben die 192 Anrainerregionen der Ozeane 275 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert. Und ohne ein weltweites Müllmanagement werde die Belastung der Meere weiter steigen, warnen die Autoren.

Zahlen des Bundesforschungsministeriums untermauern diese These. Danach wurden 2013 bereits 299 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert. Mindestens 270.000 Tonnen schwimmen einer Mitteilung des Hauses zufolge in den Ozeanen und klumpen zusammen. Der 1997 entdeckte größte Plastikteppich im Nordpazifik, der Great Pacific Garbage Patch, hat das Ausmaß der Fläche von Deutschland und Frankreich zusammengenommen.

Die unbekannte Wirkung von Mikroplastik

Dieses Mikroplastik ist wiederum besonders im Fokus der Wissenschaft. Gemeinsam mit neun weiteren EU-Staaten hat das Bundesforschungsministerium Ende Februar ein gemeinsames Forschungsprogramm dazu gestartet. „Unser Ziel ist es, mögliche Gefahren für die Meere und den Menschen zu erforschen und ihnen dadurch wirksam begegnen zu können", sagt Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. Noch weitgehend unbekannt sind zum Beispiel die Wege der Chemikalien, die bei der Zersetzung des Kunststoffs freigesetzt werden und womöglich in die Nahrungskette gelangen können.

Wie gefährlich Mikroplastik für einzelne Meeresbewohner werden kann, schildert die Abfallexpertin des Umweltbundesamts (UBA), Stefanie Werner, an Hand eines Beispiels. Der sich ausschließlich auf See ernährende Eissturmvogel hat durchschnittlich 35 Kunststoffpartikel im Magen – eine lebensgefährliche Menge für den vergleichsweise kleinen Vogel. Überträgt man diese Größenkorrelation auf den Menschen, so käme dies dem Inhalt einer Brotdose voll Kunststoff gleich. „Das führt zu inneren Verletzungen, zu Verstopfungen“, erläutert Werner. Am Ende verhungern Vögel sogar, weil sie sich ständig satt fühlen.

Weiterführende Informationen
Mitteilung EU-Parlament zu Plastikmüll

Merkel zum Meeresschutz, Wiwo-Artikel

Studie zu Müll im Meer

BMBF-Mitteilung zu Plastik im Meer

Forschungsprogramm zu Mikroplastik

Plastic Control, Auswirkung Kunsstoffe auf Meerestiere